Diktatur! Diktatur! Diktatur!

So, nun ist es also passiert: die große Aluhut-Demo gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, die für kommenden Samstag geplant war wurde vom Berliner Innensenator abgesagt. Die Begründung lautet, dass bei der Demo Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz zu erwarten sind.

Der Berliner Innensenator Andreas Geisel sagt auf Tagesschau.de dazu: Versammlungsfreiheit bedeute nicht, sich über geltendes Recht hinwegsetzen zu können, sagte der SPD-Politiker. „Die Anmelder der Versammlungen, die Anfang August in Berlin stattfanden, haben ganz bewusst die Regeln gebrochen, die sie vorher in Gesprächen mit der Polizei akzeptiert hatten – dazu gehörten das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und das Einhalten des 1,5-Meter-Abstands.“ Ein solches Verhalten sei nicht akzeptabel. Der Staat lasse sich nicht an der Nase herumführen.

Die Anmelder der Demo sehen das natürlich anders und wollen sich juristisch gegen diese Entscheidung wehren. Für sie ist der Verwaltungsakt ein Eingriff in ihre Grundrechte, mit dem ihre unerwünschten Meinungen unterdrückt werden sollen.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht weiß, wie ich entschieden hätte, wäre ich an der Stelle von Herrn Geisel gewesen.

Auf der einen Seite finde ich es richtig, dass diese Demonstration untersagt wurde, eben weil man den Teilnehmern und Veranstaltern trotz aller Zusagen und Absprachen nicht trauen kann. Durch ihr hohes Sendungsbewusstsein hätten sie sich hierüber hinweg gesetzt, wie sie es bereits bei der Demo Anfang August getan haben.

Auf der anderen Seite weiß ich natürlich, dass sich die Szene jetzt einen Opfermythos zurechtzimmert und sich als unterdrückte Kämpfer für die Wahrheit hochstilisieren wird. Attila Hildmann hat auf seinem Telegram-Kanal ja schon damit begonnen.

Tja, sehen wir den Tatsachen ins Auge, die Berliner Innenverwaltung stand vor einem typischen „Wie man’s macht, macht man’s verkehrt!“-Dilemma. Denn was wäre die Alternative gewesen? Die Demo zulassen, sich von deren Teilnehmern allen Absprachen zum Trotz auf der Nase rumtanzen lassen und dann auch noch Infektionen ohne Ende in Kauf nehmen?

Dafür haben wir nun das herumgeopfer der Truther-Szene auf allen Kanälen. Dass ihnen jetzt aber auch noch die BILD-Zeitung beispringt und die Entscheidung als schweren Eingriff in die Meinungsfreiheit geißelt, das hätte ich nun wirklich nicht gedacht.

Ich habe bisher ja noch nie viel von dieser Zeitung und ihren Schreiberlingen gehalten, da bin ich ganz an der Seite von Max Goldt, aber ein bissken mehr hätte ich denen schon zugetraut, als dass sie sich auf die Seite der Wirrwuzzis stellen.

Aber gut, seien wir gespannt, wie es weiter geht. Wie werden die Gerichte entscheiden? Werden sich trotz Verbot Milliarden von Demonstranten in Berlin einfinden?

Bleiben wir gespannt…

4 Gedanken zu “Diktatur! Diktatur! Diktatur!

  1. Versammlungsfreiheit oder Meinungsfreiheit? Egal, wir sind doch BILD!

    Ich halte das frühzeitige Verbot für ungeschickt. Man hätte Auflagen machen und/oder konkrete und nachvollziehbare Erkenntnisse abwarten müssen, dass die Coronaregeln vorsätzlich missachtet werden. Dann kann man das auch am Vorabend noch verbieten.

    Wie man es seitens der Exekutive dagegen gar nicht machen kann, ist die Gedenkdemo anlässlich des Hanauer Massakers vor sechs Monaten. Die Organisatoren hatten sogar ein Hygienekonzept ausformuliert. Und? Absage am Vorabend ohne Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Während die Leute mit und ohne Maske und Abstand zu Hunderten und Tausenden die Innenstadt bevölkern. Traurig. Und was sagen die Organisatoren? Sinngemäß „Wir sind keine Coronarebellen und werden nicht trotzdem demonstrieren“

    https://www.heise.de/tp/features/Wie-faktenbasiert-sind-die-Demoverbote-der-letzten-Tage-4878320.html

    Gegen diese Absage protestiert natürlich niemand, schon gar nicht aus der rechten Ecke:

    https://www.der-postillon.com/2020/08/hanau-berlin.html

    1. „Ich halte das frühzeitige Verbot für ungeschickt. Man hätte Auflagen machen und/oder konkrete und nachvollziehbare Erkenntnisse abwarten müssen, dass die Coronaregeln vorsätzlich missachtet werden. Dann kann man das auch am Vorabend noch verbieten.“

      Wie hätte das ablaufen sollen? Angenommen die Berliner Verwaltung hätte die Demo erst am Freitag abgesagt. Der Aufschrei der Organisatoren und Freunde des Aluhuts wäre noch größer gewesen, denn so wäre ihnen die Möglichkeit genommen worden, Einspruch gegen die Absage einzulegen. Die Stimmung wäre noch agressiver geworden und manche „Freidenker“ hätten sich womöglich trotz des Verbots bemüßigt gefühlt, zu demonstrieren und/oder sogar Gewalt anzuwenden. So aber toben sie sich in den Foren, Blogs und sozialen Medien aus. Soll mir nur recht sein.

      Zweitens hatten die Organisatoren der Demo bereits auf ihrer Homepage angekündigt, die Coronauflagen der Verwaltung zu ignorieren. Nach den Geschehnissen vom 1.8., wo diese Leute das Land und seine Vertreter und letztendlich auch ca. 90 % der deutschen Bevölkerung, die die Coronamaßnahmen gutheißen, an der Nase herumgeführt und verlacht haben, konnte mMn gar nicht anders gehandelt werden, als ein Verbot auszusprechen.

  2. @RPGNo1
    Du hast recht, ich habe es ungeschickt formuliert. Da hat ein „Wenn sie es denn absagen wollen, dann…“ – Und dass es die Organisatoren waren, die den Rechtsbruch gleich selbst angekündigt haben, wusste ich nicht. Auch das ist ungeschickt und zeigt, dass man nicht an Dialog oder Protest, sondern an Konfrontation interessiert ist. Und natürlich am Zusammenschweißen der eigenen Fraktion – mit demselben Effekt bei den anderen ~90%.

    Ich selbst habe keine brauchbare Meinung zu „Verbot oder nicht“. Zumal das alles natürlich nur ein Symptom für eine ganz beschissene gesamtgesellschaftliche Entwicklung ist.

    Im Radio hieß es gerade, dass nun über tausend Einzeldemos angemeldet worden seien – eine Art DoS-Angriff auf die Behörden. Die schäumen also nicht nur im Internet. Immerhin führt das dazu, dass man – und jetzt wird es zynisch – von 1000 Teilnehmern die Namen und Adressen kennt, so dass man in vier Wochen sagen kann: Von denen haben sich 100 an dem Tag infiziert. 20 davon kamen ins Krankenhaus, 10 davon in die Intensivstation, und fünf davon sind inzwischen verstorben. Bisher konnte man sowas nur vermuten.

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