§219a

Ich persönlich finde ja, dass beim Thema Abtreibung viel zu viel Menschen mitreden, die das ganze Thema erstmal überhaupt nichts angeht. Die Kirchen beispielsweise, die sich entweder unter eigenem Label oder hinterrücks über Vereine in das Thema einmischen. Meiner Meinung nach sollten hauptsächlich diejenigen, die es betrifft über das Thema sprechen und keine alten Männer in lustigen Kleidchen. Aber gut. Nur meine kleine Meinung.

Heute wurde ja ein erster Schritt in Richtung selbstbestimmtes Abtreibungsrecht getan, indem der wirklich unselige Paragraph 219a abgeschafft wurde. Die Diskussion darum hat mich echt aufgeregt, vor allem, weil die Gegner der Abschaffung ja immer so getan haben, als würden Ärzt:innen wie Kristina Hänel auf ihren Homepages Abtreibungswerbung machen, wie McDonalds bei den Los Wochos, mit Mariachi-Band, Gewinnspiel und „2 Abtreibungen zum Preis von 1“. Wie kann denn die einfache Information über einen medizinischen Eingriff schon Werbung sein? Das wollte nie in meinen Schädel reingehen.

Dass mit dem Gesetz was falsch war, hat man ja schon daran gesehen, dass irgendwelche Flachpfeif:innen ohne Probleme von zu Hause aus Ärzt:innen – teilweise 60 bis 70 Stück – anzeigen konnten, die eben diese rein medizinischen Informationen auf ihren Homepages hatten. Jeder Nörgelrentner, der in so einer Häufigkeit Parksünder anzeigen wollte, würde von der Polizei wieder heimgeschickt. Nein, das war so nicht in Ordnung. Und Jan Böhmermann traf den Nagel auf den Kopf, wenn er sagte: Wir führen die ‚Diskussion‘ um Paragraph 219a also wegen gelangweilter Internetverlierer, die persönliche Befriedigung empfinden, wenn sie mit strategischen Strafzeigen [sic] Frauen in Notsituationen schikanieren können?

Einer dieser Anzeiger sagte in einem Interview mit der taz: Wenn ich Zeit habe, am Wochenende meistens, suche ich in meinem Arbeitszimmer am Computer über Google nach Schwangerschaftsabbrüchen und danach, wo man die vornehmen könnte. Ich überlege mir: Wo würden schwangere Frauen im Internet suchen? Also auf Seiten von Arztpraxen. Ich gucke dann, ob ich auf Seiten stoße, auf denen angegeben ist, dass Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden. Wenn das der Fall ist, dann erstatte ich online Strafanzeige. Ich mache das jetzt seit gut drei Jahren und habe, würde ich mal schätzen, 60 bis 70 Anzeigen erstattet. Das ist halt so mein Hobby.

Strafanzeigen als Hobby. Wie krank ist unsere Welt?

Nun, das ist ja mittlerweile vorbei und wenigstens dieser juristische Fallstrick ist durchgeschnitten. Was jetzt noch fehlt ist eine mit Sinn und Verstand durchgeführte Reform des §218, bei der Hauptsächlich diejenigen beteiligt sein sollten, die das Thema betrifft und nicht irgendwelche Vereine, Kirchen oder Verbände, die nur ihre eigenen Ziele verfolgen.

Aber auch die Diskussion um den §218 läuft ja vollkommen aus dem Ruder. Wenn ich lese, das Jens Spahn in seiner Zeit als Gesundheitsminister einen Satz wie „Die Abtreibungspille ist kein Smartie“ raushaut, dann finde ich schon, dass er zu der ganzen Geschichte lieber die Klappe halten sollte. Allgemein kommt es mir so vor, als würde der Gesetzgeber die Frauen, die ja letzten Endes das Kind austragen müssen, nicht ganz ernst nimmt und anscheinend denkt, er müsse diese kleinen Dummerchen vor sich selbst schützen. Vielleicht irre ich mich ja, aber so kam es bei mir an.

Ich für meinen Teil gehe davon aus, dass sich Frauen durchaus bewusst sind, was ein Schwangerschaftsabbruch bedeutet, welche Konsequenzen und welche Folgen er hat, ja nicht zuletzt für den weiblichen Körper und die Psyche. Und genauso gehe ich davon aus, dass sich genau aus diesem Bewusstsein heraus keine Frau leichtfertig für eine Abtreibung entscheiden wird. Deswegen darf die viel gehörte Behauptung, dass Frauen eine Abtreibung quasi statt Verhütung benutzen, als üble Demagogie zurückgewiesen werden.

Wie dem auch sei, es bleibt spannend bei dem Punkt und ich hoffe nur, dass wir so bald wie möglich, ein modernes, gerechtes und ausgewogenes Abtreibungsrecht im Gesetzbuch stehen haben.

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