Der Antijudaismus des Martin Luther

(Version 2 vom 12. Dezember 2023)

Der Kult, der in Deutschland teilweise um Martin Luther getrieben wird, ist für mich als religionsfreien Menschen nur sehr schwer nachzuvollziehen. Man verliert teilweise schon die Übersicht, um was es im Protestantismus geht, die Anbetung von Jesus Christus oder die von Martin Luther. Nein, ich mag keine Säulenheiligen, welcher Couleur auch immer. Außerdem muss ich sagen, dass mir der Dr. Luther als historische Persönlichkeit nicht unbedingt sympathisch ist.

Natürlich ist die Frage nach der moralischen Bewertung einer historischen Persönlichkeit immer komplex und hängt auch von den persönlichen Überzeugungen und Werten ab. Man muss historische Figuren im Kontext ihrer Zeit und ihrer Lebensumstände beurteilen, wobei eine umfassende Beurteilung oft nicht einfach ist. Martin Luther war eine Schlüsselfigur der Reformation und spielte eine bedeutende Rolle in der Geschichte der Kirche und der westlichen Welt. Er prägte die theologischen und religiösen Diskussionen seiner Zeit und hatte einen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung des Protestantismus. Dennoch wäre es unangemessen, eine eindeutige moralische Beurteilung als „gut“ oder „böse“ vorzunehmen. Die historische Persönlichkeit von Martin Luther sollte in ihrer Komplexität und im Kontext seiner Zeit verstanden werden. Menschen können unterschiedliche Meinungen über seine Lehren und Handlungen haben, und die Beurteilung kann stark von persönlichen Überzeugungen und Werten beeinflusst sein.

Aber kommen wir zum Hauptpunkt: Luther und die Juden.

Luther hatte keine konstante Beziehung zum Judentum und seine Haltung schwankte im Laufe seines Lebens. Zu Beginn seiner Karriere als Reformator erhoffte er sich noch, dass das reformierte Christentum so attraktiv für die Juden wäre, dass sie quasi reihenweise dorthin konvertieren würden. Als er jedoch feststellte, dass diese Bekehrungen nicht in dem Maße erfolgten, wie er es sich gewünscht hatte, entwickelte er eine bittere Enttäuschung und Wut gegenüber den Juden, die sich in seinen späteren Schriften manifestierte.

So forderte Luther in seiner Schrift „Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei“ aus dem Jahr 1523, hierin verteidigt er die Juden sogar gegen Ritualmordvorwürfe und Hostienschändung, was er als „Narrenwerk“ bezeichnete. Die Juden sollten viel eher durch Zwangspredigten und Arbeitszwang zum Christentum missioniert werden. Hinter Luthers judenfreundlichen Aussagen stand jedoch unverändert sein antijudaistisches Denken. Seine Schrift steigerte den Anspruch an die Judenmission, Juden nicht bloß zu taufen und ihnen so Besitzgarantien zu verschaffen, sondern aus getauften Juden überzeugte Christen zu machen. Dazu sollten sich evangelische Christen im alltäglichen Zusammenleben vorbildlich verhalten und zu exegetischer Beweisführung aus dem AT befähigt werden. Evangelische Missionserfolge sollten die Wahrheit der Reformation gegenüber der Papstkirche zeigen. Diese Erwartung trug zur späteren Enttäuschung Luthers und seinem Kurswechsel bei.

Zwei Jahre später führte Luther dann einen Disput mit drei Vertretern der Juden, in dem er versuchte, sie von der christologischen Auslegung des Alten Testamentes zu überzeugen und ihnen die Unsinnigkeit ihrer Messiashoffnung aufzuzeigen. Das Gespräch verlief nicht in Luthers Sinne und führte zu einem radikalen Umschwung in seinen öffentlichen Meinungsäußerungen. So rechtfertigte er in seinem 1526 erschienenen Traktat „Vier tröstliche Psalmen an die Königin von Ungarn“ die Judenverfolgungen dadurch, dass diese auf Grund ihrer Verbrechen gegenüber Jesus verflucht seien.

Auch als sich der Rabbi Josel von Rosheim, der Anwalt der Juden im Reich, an ihn wegen eines Empfehlungsschreibens an Luther wandte, lehnte er dieses mit dem Hinweis ab, dass seine Schrift von 1523 den Juden zwar viel genutzt hätte, von ihnen aber für unerträgliche Dinge schändlich missbraucht worden zu sein.

Den Höhepunkt von Luthers Antijudaismus finden wir allerdings in seiner Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“, die im Januar 1543 entstand. Schon in die Anfangsteile ließ er laufend damalige Stereotype einfließen: Juden seien blutdürstig, rachsüchtig, das geldgierigste Volk, leibhaftige Teufel, verstockt. Ihre „verdammten Rabbiner“ verführten die christliche Jugend wider besseres Wissen, sich vom wahren Glauben abzuwenden. Mehrmals unterstellte Luther den Juden die Bereitschaft, Brunnen zu vergiften und Kinder wie Simon von Trient zu rauben und zu zerstückeln. Diese Legenden, die er 20 Jahre zuvor als „Narrenwerk“ zurückgewiesen hatte, untermauerte er nun mit einem NT-Zitat (Mt 12,34). Gutes täten sie aus Eigennutz, nicht Liebe, weil sie bei den Christen wohnen müssten, mit dem Ergebnis: „Jawohl, sie halten uns in unserem eigenen Land gefangen, sie lassen uns arbeiten in Nasenschweiß, Geld und Gutgewinnen, sitzen dieweil hinter dem Ofen, faulenzen, pompen und braten Birnen, fressen, sauffen, leben sanft und wohl von unserm erarbeiteten Gut, haben uns und unsere Gütergefangen durch ihren verfluchten Wucher, spotten dazu und speien uns an, das wir arbeiten und sie faule Juncker lassen sein […] sind also unsere Herren, wir ihre Knechte.“

Weiterhin forderte Luther darin:

  • Synagogen niederzubrennen
  • Häuser von Juden zu zerstören und sie wie Zigeuner in Ställen und Scheunen wohnen zu lassen
  • Jüdische Gebetbücher und Talmudim zu konfiszieren, da diese nur Abgötterei lehrten
  • Jüdischen Händlern das freie Geleit und Wegerecht zu entziehen
  • Juden das Zinsgeschäft zu verbieten sowie all ihr Bargeld und ihren Schmuck zu konfiszieren
  • Jungen, kräftige Juden zu körperlicher Arbeit zu verpflichten, damit sie sich ihr Brot verdienen können.

Darüber hinaus sprach Luther den Juden dien Menschenwürde ab und erklärte, dass er sie gerne eigenhändig erwürgen würde, wäre ihm dies nicht von der Heiligen Schrift verboten. Falls die Fürsten seine Ratschläge ablehnten, müssten sie den Juden wenigstens ihre religiösen Stätten, Gottesdienste, Bücher und ihre Gotteslästerung verbieten. Falls sich auch dieses nicht durchführen lasse, so bleibe nur, die Juden aus den evangelischen Ländern „wie die tollen Hunde“ zu verjagen.

Luther erwog letztlich sogar die Deportation der Juden nach Palästina, gleichzeitig pries er die Staaten, die die Juden verjagt hatten. Auch in seiner letzten Predigt am 15.2.1546 beschäftigte er sich in Eisleben mit dem Judenproblem. Hierbei forderte er die weltlichen Herren auf, bekehrungsunwillige Juden aus dem Machtbereich zu vertreiben, während sie bei Übertritt als Brüder zu respektieren seien.

Es ist schwer, Begründungen dafür zu finden, warum sich ein solche Wandlung in Luther vollzog. Ein Aspekt ist wahrscheinlich seine noch im Mittelalter verhaftete Ausbildung. Drei weitere Gründe, die jedoch nicht bewiesen sind, könnten sein:

1. Luther hoffte, dass sich die Juden zu seinem reformierten christlichen Glauben bekennen. Diese Erwartung wurde nicht erfüllt, der gewünschte Prestigegewinn für den Protestantismus blieb aus.

2. Luther ist zunehmend der Auffassung, dass die Obrigkeit für eine Einheit zwischen Kirche und Gesellschaft sorgen muss (gg. Religionsfreiheit).

3. Luther ist in seiner letzten Lebensphase durch schwere körperliche Leiden in einer düsteren persönlichen Stimmung.

Dies zeigt sich auch in seiner „Vermahnung wider die Juden“, die Martin Luther am 15. Februar 1546, also nur drei Tage vor seinem Tod verlas und die auch gedruckt erschien. Darin führt er aus:

  • Er wolle die Juden christlich behandeln und biete ihnen an, Jesus von Nazaret als ihren Messias anzunehmen, der doch ihr Blutsverwandter und rechtmäßiger Nachkomme Abrahams sei. Dieses Angebot zur Taufe sollten die Christen machen, „damit man sehe, dass es ihnen ernst sei.“
  • Die Juden würden das Angebot ausschlagen und „unseren Herrn Jesum Christum täglich lästern und schänden“, den Christen nach „Leib, Leben, Ehre und Gut“ trachten, sie mit Wucherzinsen schädigen, sie alle gern töten, wenn sie könnten, und täten dies auch, „sonderlich, die sich für Ärzte ausgeben“. Auch wenn sie die Krankheit scheinbar zunächst heilten, würden sie nur kunstfertig „versiegeln“, so dass man später daran sterbe.
  • Würden die Christen die Juden wissentlich weiter dulden, würden sie sich mitschuldig an ihren Verbrechen machen: Darum „sollt ihr Herren sie nicht leiden, sondern wegtreiben.“
  • „Wo sie sich aber bekehren, ihren Wucher sein lassen und Christum annehmen, so wollen wir sie gerne als unsre Brüder halten. Anders wird nichts draus… Sie sind unsere öffentlichen Feinde.“

Martin Luther war also bis zu seinem Ende ein beinharter Antijudaist, aber war er auch ein rassistischer Antisemit? Die Giordano-Bruno-Stiftung schreibt dazu: Einige Theologen legen Wert darauf, Luther sei bloß „Antijudaist“ gewesen – kein „Antisemit“. Dagegen ist einzuwenden, dass ein religiöser Judenhass nicht notwendigerweise harmloser ist als ein rassistischer. Zudem haben sich bei Luther beide Kategorien vermischt. So findet man in seinen Schriften von 1543 einerseits Passagen, die überwiegend von religiöser Verachtung geprägt sind: „Unter der Judensau der Wittenberger Pfarrkirche saugen junge Juden und der Rabbi schaut der Sau ins Hinterteil und in den Talmud hinein. Von daher haben sie […] ihren Scheißdreck“.

Andererseits jedoch hetzte Luther im gleichen Jahr 1543 auch im Sinne eines vormodernen, antisemitischen Rassismus gegen die Juden, die er eben nicht nur als religiöse Konkurrenten, sondern auch als eine von Geburt an „unreine“ Unterart der Menschheit betrachtete und verabscheute: „Das israelitische Blut ist vermischt, unrein, verwässert und verwildert worden. […] Dieser trübe Bodensatz und stinkender Abschaum, dieser verschimmelte Sauerteig und sumpfige Morast von Judentum sollte die Erfüllung des Messias verdient haben, aber doch nichts weiter ist als ein fauler, stinkender, verrotteter Bodensatz vom Blut ihrer Väter?“

Dass Luthers Schriften nicht nur antijüdische, sondern auch antisemitische Züge tragen, bestätigen renommierte Luther-Experten wie der evangelische Theologe Thomas Kaufmann: „Luther hatte ein grundsätzliches Misstrauen gegen die Juden als Menschenart (genus hominum) […] Sein Hinweis auf die Qualität des jüdischen Blutes speist sich aus trüben Rinnsalen eines spezifisch vormodernen Antisemitismus“ (Thomas Kaufmann, Luthers Juden, S. 10/47).

Luther hat es den Nationalsozialisten gut 400 Jahre später also sehr leicht gemacht, seine Person und sein Werk für ihre Propaganda zu instrumentalisieren. Gut, das kann man ihm sicherlich nicht zum Vorwurf machen, allerdings wirkt das Bild, das die nationalsozialistische Propaganda von Luther zeichnete bis heute nach.

Die Nationalsozialisten in Deutschland unter der Führung von Adolf Hitler und der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) betrachteten Martin Luther in gewisser Weise als eine historische Figur, die sie für ihre Zwecke instrumentalisieren konnten. Allerdings war ihre Darstellung von Luther selektiv und oft verzerrt, um seine Figur in Übereinstimmung mit ihrer ideologischen Agenda zu bringen.

Einige Elemente von Luthers Lehren, insbesondere seine spätere Haltung gegenüber den Juden in Schriften wie „Von den Juden und ihren Lügen,“ wurden von den Nationalsozialisten aufgegriffen und verwendet, um ihre eigene antisemitische Ideologie zu rechtfertigen. Sie stellten Luther als Vorläufer dar, der angeblich ähnliche Ansichten über die Juden teilte.

Diese selektive Interpretation von Luthers Schriften und Persönlichkeit hat natürlich nicht die gesamte Breite seines Denkens repräsentiert. In seinen früheren Jahren hatte Luther auch die Hoffnung gehegt, dass seine theologischen Reformen die Bekehrung der Juden zum Christentum fördern würden. Die Nationalsozialisten ignorierten diesen Aspekt von Luthers Leben und Lehren.

In Wirklichkeit hatten die Nationalsozialisten eine eigene, rassistische Ideologie, die auf einem verzerrten Verständnis von Biologie, Rassentheorien und pseudowissenschaftlichen Ansichten basierte. Obwohl sie historische Figuren wie Martin Luther instrumentalisieren konnten, hatten ihre Ideen und Praktiken wenig mit den theologischen Lehren Luthers zu tun.

Natürlich muss hier der historische Kontext berücksichtigt werden, dass die Nationalsozialisten selektiv Teile der deutschen Geschichte für ihre eigenen propagandistischen Zwecke nutzten, ohne die tatsächlichen, oft widersprüchlichen Überzeugungen und Lehren historischer Persönlichkeiten wie Martin Luther zu respektieren. Trotz allem nutzten die Nazis Luther für ihre eigene politische Agenda, indem sie eine selektive und verzerrte Interpretation seiner Schriften und Ideen präsentierten. Diese Inszenierung war Teil ihrer Bemühungen, die deutsche Geschichte und Kultur zu instrumentalisieren, um Unterstützung für ihre rassistische und antisemitische Ideologie zu gewinnen. Es ist wichtig zu betonen, dass die Verbindung zwischen Martin Luther und den Nationalsozialisten nicht unproblematisch ist, und viele Historiker weisen darauf hin, dass die Interpretation von Luthers Werken durch die Nazis oft verfälscht wurde.

Einige Wege, wie die Nationalsozialisten Martin Luther inszenierten, waren:

Antisemitismus: Die Nationalsozialisten betonten Luthers antisemitische Äußerungen in späteren Schriften, wie zum Beispiel in „Von den Juden und ihren Lügen“. Sie verwendeten Luthers abwertende Bemerkungen über Juden, um ihre eigenen rassistischen Ansichten zu rechtfertigen und zu fördern.

Nationalismus: Die Nazis betonten Luthers patriotische Haltung und seine Unterstützung für die deutsche Nation. Sie versuchten, Luther als Vorkämpfer für die nationale Einheit und Identität darzustellen.

Positive Darstellung: Die Nationalsozialisten versuchten, Martin Luther als eine Art Vorläufer ihrer Bewegung darzustellen. Sie deuteten seine Ablehnung der römischen Kirche als Parallele zu ihrer eigenen Opposition gegenüber bestimmten Institutionen und Systemen.

Diese Inszenierung von Martin Luther durch die Nationalsozialisten war stark vereinfacht und selektiv. Luthers Gedanken waren komplexer und nuancierter, und er kann nicht einfach als Vorläufer des nationalsozialistischen Gedankenguts betrachtet werden. Tatsächlich gab es während der nationalsozialistischen Herrschaft auch Kritiker und Kirchenleute, die sich gegen diese Vereinnahmung von Martin Luther durch die Nazis wandten.

So war auch das Verhältnis der Nationalsozialisten zur evangelischen Kirche komplex und variierte im Laufe der Zeit. Es gab sowohl Kollaboration als auch Widerstand innerhalb der evangelischen Kirche gegenüber dem nationalsozialistischen Regime.

Zu Beginn der NS-Herrschaft versuchten die Nationalsozialisten, die Kontrolle über die Kirche zu gewinnen und sie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. In den 1930er Jahren führten sie die sogenannte Deutsche Christen-Bewegung ein, die versuchte, die Kirche zu „arianisieren“ und eine nationalsozialistische Ideologie in die Kirchenlehre zu integrieren. Dies führte zu Spannungen zwischen den sogenannten Deutschen Christen und denjenigen in der evangelischen Kirche, die sich gegen die nationalsozialistische Einflussnahme wehrten.

Ein wichtiger Aspekt dieser Auseinandersetzung war die Barmer Theologische Erklärung von 1934, die von Theologen wie Karl Barth und anderen führenden Köpfen der Bekennenden Kirche unterstützt wurde. Die Barmer Erklärung lehnte die nationalsozialistische Beeinflussung der Kirche ab und betonte die Unabhängigkeit der Kirche von politischer Kontrolle.

Trotz dieser Auseinandersetzungen gab es auch Bischöfe und Kirchenführer, die mit den Nationalsozialisten kollaborierten oder sich ihnen zumindest anpassten. Einige hofften, die Autonomie der Kirche zu wahren, indem sie gewisse Kompromisse mit dem Regime eingingen.

Während des Zweiten Weltkriegs kam es zu einer gewissen Entfremdung zwischen der Kirche und den Nationalsozialisten, da viele Kirchenführer gegen Kriegsverbrechen, den Umgang mit der jüdischen Bevölkerung und die allgemeine Menschenrechtsverletzung protestierten.

Innerhalb der evangelischen Kirche gab es unterschiedliche Haltungen und Handlungen gegenüber den Nationalsozialisten. Einige Kirchenführer und Gläubige widerstanden aktiv den nationalsozialistischen Bemühungen, die Kirche zu kontrollieren, während andere sich entweder zurückhielten oder mit den Nationalsozialisten kollaborierten.

Hierzu gehörten vor allem die „Deutschen Christen“. Dies war eine nationalsozialistische Strömung innerhalb der evangelischen Kirche im Deutschen Reich während der Zeit des Nationalsozialismus. Diese Bewegung entstand in den frühen 1930er Jahren und versuchte, die evangelische Kirche in Deutschland mit den Ideen und Zielen des nationalsozialistischen Regimes zu vereinigen.

Die „Deutschen Christen“ strebten an, das Christentum mit nationalsozialistischer Ideologie zu verschmelzen und die Kirche in den Dienst der nationalsozialistischen Politik zu stellen. Sie unterstützten rassistische und antisemitische Positionen, die im Einklang mit den nationalsozialistischen Grundsätzen standen. Die Bewegung propagierte eine „arische Christenheit“ und versuchte, die Lehren des Christentums nach nationalsozialistischen Vorstellungen zu interpretieren.

Die nationalsozialistische Führung sah in den „Deutschen Christen“ eine Möglichkeit, die Kontrolle über die evangelische Kirche zu gewinnen und sie ideologisch in die nationalsozialistische Bewegung zu integrieren. Im Jahr 1933 erklärten die „Deutschen Christen“ in einem sogenannten „Führerbrief“ ihre Unterstützung für Adolf Hitler.

Die Bekennende Kirche bildete eine Gegenbewegung zu den „Deutschen Christen“. Die Bekennende Kirche entstand als Reaktion auf den nationalsozialistischen Einfluss in der evangelischen Kirche und betonte die Autonomie der Kirche gegenüber der politischen Einflussnahme. Führende Theologen wie Karl Barth, Martin Niemöller und Dietrich Bonhoeffer waren prominent in der Bekennenden Kirche engagiert.

Die Auseinandersetzung zwischen den „Deutschen Christen“ und der Bekennenden Kirche kulminierte dann in der bereits erwähnten Barmer Theologischen Erklärung von 1934, die die nationalsozialistischen Versuche, die Kirche zu beeinflussen, zurückwies. Der Konflikt setzte sich in den Jahren des Nationalsozialismus fort und hatte bedeutende Auswirkungen auf die evangelische Kirche in Deutschland.

Fassen wir zusammen: die Stilisierung Martin Luthers zu einem Wegbereiter des Nationalsozialismus, wie sie von einigen NS-Ideologen hergestellt wurde, um ihre antisemitischen Ansichten zu untermauern, ist nicht gerechtfertigt. Allerdings hat Luther durch seinen latenten Antijudaismus dazu beigetragen, diesen in der Bevölkerung zu verfestigen, vor allem, weil seine Schriften durch die Jahrhunderte hinweg durchaus immer wieder als Unterbau für antijudaistische und antisemitische Theorien und Ausfälle benutzt wurden. So wurden Luthers antijudaistische Schriften (und das waren erheblich mehr als nur „Von den Juden und ihren Lügen“, allerdings ist dieses das wohl bekannteste Traktat) immer wieder neu aufgelegt und kommentiert. Eine wissenschaftliche Aufarbeitung nicht nur durch staatliche, sondern auch durch kirchliche Institutionen, wäre hier wünschenswert.

Was Hitler getan, hat Luther geraten, mit Ausnahme der direkten Tötung durch Gaskammern.

Karl Jaspers: Philosophie und Welt, München 1958, S. 162

6 Gedanken zu “Der Antijudaismus des Martin Luther

  1. Onkel, Onkel, ich schätze Deine Beiträge im allgemeinen sehr und inhaltlich gibt es m. E. auch gegen diesen nicht viel einzuwenden. Das allerdings von nahezu jeder Perspektive aus, was den Eindruck erweckt, dass dieser Text über weite Strecken von einem LLM wie ChatGPT oder so verfasst worden ist. Gerade so Formulierungen wie „andere argumentieren“ oder „es ist wichtig zu betonen“ sind hochgradig verdächtig. Trotzdem insgesamt: weiter so, ich lese den Onkel sehr gerne. Herzliche Grüße

    Like

    1. Vielen lieben Dank für das Lob, ich freue mich wirklich sehr, dass Dir meine Artikel gefallen. Ich kann dir auch versichern, dass hier alles „handgemacht“ ist. Vor allem weil ich zu doof bin und mich mit diesem KI-Gedöns nicht auskenne.

      Like

  2. Sehen wir mal ganz vom moralisch oder gar politisch zu bewertenden Luther ab und schauen uns mal seine religiösen Lehren an. Denn diese sind offenbar heute den Leuten überhaupt nicht gewärtig, die „ihren“ Luther als eine Art Volksheld verehren und in seinen religiösen Postulaten eine Art Befreiungstheologie sehen.
    Es gibt keine protestantische Lehre, die einem dogmatisch-düsteren Katholizismus (zu Luthers Zeiten gab es eher das Gegenteil) Paroli bieten sollte. Luther lehrte, dass das Himmelreich (oder was darunter auch immer zu verstehen ist) niemals Verdienst des Menschen ist, sondern allein von Gottes Vorabbeschluss, also mehr oder weniger schon bei Geburt (oder Zeugung) festgelegt wird.
    Dass hieraus totalitäre religiöse Regime wie der Calvinismus resultierteen, der in der heutigen evangelikalen Szene in den USA (und in gewissen Maße auch hierzulande) immer noch seinen Niederschlag findet, kann nicht verwundern. Verwundern kann eher, wie positiv – auch im Sinne einer Abgrenzung zum Katholizismus – heute die Lutherische Lehre konnotiert ist. Warum? Man kennt sie offenbar gar nicht …
    Der Mann bescherte uns auf religiösen Gebiet eine düster fatalistische, dystopische Lehre, die unter humanistischen Gesichtspunkten gar der Menschenwürde widerstrebt. Insofern ist es heutzusage obsolet, seine Person als solche in den Mittelpunkt von Verehrung (mir fällt gerade kein passender Begriff ein) zu stellen. Er war eine Person an einem Dreh- und Wendepunkt der Weltgeschichte, der auf diesen Einfluss hatte. Nicht als Mensch, der persönliche Leistungen erbracht hätte, die für das heutige Dasein – also über die rein historische Bedeutung hinaus – irgendwie relevant wären.
    Und zum Verdacht von Flydoc in Sachen ChatGPT:
    Ich kenne den Onkel gut genug, um einen solchen Verdacht allenfalls mit einem Schmunzeln zu bedenken. Artikel mitKI-Hilfe zu veröffentlichen, würde ihm derart widerstreben, dass er danach vier Wochen krank wäre. Außerdem ist er Bibliothekar und auch bibliophil – er hätte Angst, von seinen Büchern erschlagen zu werden, geriete er auch nur in den Verdacht, sich „Künstlicher Intelligenz“ zu bedienen. Ganz sicht!

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..