Der Templer-Orden, der im frühen 12. Jahrhundert ins Leben gerufen wurde, ist eine jener historischen Erscheinungen, die sich in der Legende und der Geschichte gleichermaßen verwoben haben. Ursprünglich gegründet 1119 in Jerusalem, als eine religiöse Bruderschaft von Rittern, die sich dem Schutz der Pilger auf dem Weg zu den heiligen Stätten im Heiligen Land verschrieben hatten, wuchs der Orden rasch zu einer der einflussreichsten militärischen und finanziellen Institutionen des Mittelalters heran. Die Templer erhielten von der Kirche außergewöhnliche Privilegien, darunter das Recht zur Steuerbefreiung und zur eigenen Gerichtsbarkeit. Ihre Mitglieder, die „Armen Ritter Christi“, bildeten ein Elitekorps von Kriegern, die in der Zeit der Kreuzzüge eine entscheidende Rolle im Kampf gegen die muslimischen Heere spielten.
Doch die Geschichte des Templer-Ordens nahm einen dramatischen Wendepunkt, als er 1307 von Philipp IV. von Frankreich mit einer Reihe schwerer Anklagen überzogen und schließlich aufgelöst wurde. Der Orden wurde der Ketzerei, der Zauberei und anderen Vergehen beschuldigt, was zu einem spektakulären Prozess führte, dessen Ausgang den Orden nahezu auslöschte. Die letzten Templer wurden verbrannt, und das Vermögen des Ordens ging in die Hände der Krone über.
Was jedoch bleibt, ist die schier unerschöpfliche Quelle von Mythen und Spekulationen. Es ist die Faszination für das Geheimnisvolle, die den Orden bis heute umgibt – die Frage nach verborgenen Schätzen, geheimen Wissen und einer tiefen, unbekannten Macht, die den Templern angeblich zugeschrieben wird. Diese Legenden, genährt durch mystische Erzählungen und die Unsicherheiten der Geschichte, bieten eine reiche Folie für Erfindungen und Kontroversen, die den wahren Ursprung und das Ende des Templer-Ordens in Dunkelheit hüllen.
Die Legende besagt, dass die Tempelritter einen geheimen Schatz entdeckten, als sie den Tempelberg in Jerusalem durchforsteten. Diese Entdeckung wurde angeblich von der Kirche und anderen religiösen Institutionen geheim gehalten. Einige Geschichten sprechen von einem „heiligen Gral“ oder anderen mystischen Relikten, die sie gefunden haben könnten. Historisch gesehen gibt es jedoch keine Beweise dafür, dass die Templer jemals einen solchen Schatz fanden oder besaßen. Es handelt sich vielmehr um eine moderne Legende, die mit dem Gral verbunden ist.
Der „Heilige Gral“ und die Tempelritter
Die Verbindung der Tempelritter zum Heiligen Gral ist eine der bekanntesten Mythen. Im „Roman von der Rose“ und in vielen anderen mittelalterlichen Geschichten wird der Heilige Gral als ein heiliges Artefakt beschrieben, das von Christus beim letzten Abendmahl genutzt wurde. Diese Legenden wurden in den letzten Jahrhunderten immer wieder mit den Tempelrittern in Verbindung gebracht, vor allem durch Romane wie „Der Da Vinci Code“ von Dan Brown.
Die Geschichte behauptet, dass die Tempelritter den Gral während ihrer Zeit im Heiligen Land fanden und ihn dann versteckten, um ihn vor der Welt zu verbergen. In Wahrheit gibt es jedoch keine historischen Beweise dafür, dass die Tempelritter jemals mit dem Heiligen Gral in Berührung kamen oder ihn besaßen. Der Mythos ist vielmehr eine Verschmelzung von verschiedenen religiösen und literarischen Traditionen.
Die geheimen Rituale und Symbole der Templer
Ein weiteres verbreitetes Gerücht ist, dass die Templer geheime Rituale und mystische Zeremonien durchführten, die auf verborgene okkulte oder esoterische Lehren hinwiesen. Diese Gerüchte wurden oft von ehemaligen Mitgliedern des Ordens oder von Außenseitern verbreitet, die die Templer nicht verstanden oder sie als geheimniskrämerisch wahrnahmen. Besonders im 19. Jahrhundert, nach der Auflösung des Ordens, begannen sich Gerüchte über ihre geheimen Praktiken zu verbreiten.
Die Templer verwendeten Symbole wie das Kreuz und den „Tempel“ als Teil ihrer Zeremonien. Das bekannteste Symbol ist das rote Kreuz, das auf ihren weißen Gewändern prangte. Es gibt jedoch keine Beweise dafür, dass diese Symbole mit okkulten Praktiken oder geheimen Lehren verbunden waren. Vielmehr spiegelten sie die religiösen Überzeugungen und das militärische Engagement des Ordens wider.
Der Schatz der Tempelritter
Ein weit verbreiteter Mythos ist der von einem unermesslich wertvollen Schatz der Tempelritter, der irgendwo versteckt sein soll, nachdem der Orden im Jahr 1307 von Papst Clemens V. aufgelöst wurde. Die Legende besagt, dass der Schatz aus Gold, Edelsteinen und möglicherweise aus heiligen Relikten besteht. Einige glauben, dass dieser Schatz während der Verhaftungen der Templer in Frankreich durch den König Philipp IV. von Frankreich verschwunden ist.
Es gibt zahlreiche Geschichten, die behaupten, dass der Schatz in verschiedenen Regionen Europas, vor allem in Schottland oder auf der Insel Oak Island in Kanada, vergraben sei. Historiker und Archäologen haben jedoch nie überzeugende Beweise für die Existenz eines solchen Schatzes gefunden. Es ist viel wahrscheinlicher, dass der vermeintliche Schatz lediglich eine Sammlung von Vermögenswerten war, die der Orden während seiner Zeit in Jerusalem und Europa erworben hatte, die jedoch im Zuge der Verfolgung und Auflösung des Ordens verteilt oder beschlagnahmt wurden.
Die „Wahre“ Zerstörung des Ordens
Die Legende der „Verfolgung und Vernichtung“ des Tempelritterordens ist tief in der Geschichte verwurzelt. Im Jahr 1307 ließ der französische König Philipp IV. die Templer in Frankreich verhaften, und Papst Clemens V. wurde gezwungen, den Orden aufzulösen. Die Templer wurden des Häresie, der Sodomie und der Gotteslästerung beschuldigt. Die Verhöre und Folterungen, denen die Templer unterzogen wurden, sind in der Legende als brutal und grausam dargestellt, was den mystischen Nimbus des Ordens noch verstärkte.
Die eigentliche Zerstörung des Ordens war jedoch weniger spektakulär. Viele Templer, die nicht in Frankreich lebten, wurden nicht verfolgt, und einige flüchteten in andere Länder, vor allem nach Schottland, wo sie möglicherweise weiterhin in geheimen Zirkel operierten.
Die Tempelritter und Freimaurer
Ein weiterer verbreiteter Mythos ist die Verbindung zwischen den Tempelrittern und den Freimaurern. Einige Theorien behaupten, dass der moderne Freimaurerorden von den Templern abstammt oder dass es eine direkte Verbindung zwischen den beiden gibt. Diese Spekulationen beruhen oft auf der Annahme, dass die Templer nach der Auflösung des Ordens ins Untergrund gingen und ihre Lehren und Rituale an die Freimaurer weitergaben.
Die Freimaurerorganisationen, die wir heute kennen, begannen im späten Mittelalter, etwa im 14. Jahrhundert, als Zünfte von Steinmetzen und Baumeistern. Diese „operative Freimaurerei“ war vor allem auf den Bau von Kathedralen und anderen großen Bauwerken ausgerichtet. Doch im Laufe der Zeit entwickelten sich die Freimaurer von einer rein beruflichen Gemeinschaft zu einer spekulativen Bruderschaft, die mehr auf philosophischen und spirituellen Prinzipien basierte.
Im 16. und 17. Jahrhundert, vor allem in Großbritannien, begannen auch Nicht-Handwerker, in die Freimaurerei aufgenommen zu werden. Dies führte zur Entstehung der „spekulativen Freimaurerei“, die heute weit verbreitet ist und in vielen Ländern weltweit Logen betreibt.
Die Entstehung der Mythen
Die Theorie, dass es eine Verbindung zwischen den Tempelrittern und den Freimaurern gibt, hat ihre Wurzeln in verschiedenen Quellen, die mythologische Elemente und die Geheimhaltung beider Organisationen betonen. Schon im 17. Jahrhundert begannen Autoren, diese Verbindung zu behaupten, wobei sie vor allem die mysteriösen Umstände des Untergangs der Tempelritter und die symbolischen Aspekte der Freimaurerei betonten.
Die geheime Übertragung des Wissens
Ein zentraler Mythos besagt, dass die Freimaurer das Wissen und die Geheimnisse der Tempelritter „erbeutet“ haben, als der Orden 1312 aufgelöst wurde. Viele spekulieren, dass die letzten Überlebenden des Ordens ihr geheimes Wissen und ihre Rituale in die freimaurerischen Logen übertrugen. Dies wurde von verschiedenen Autoren und Historikern weiter aufgegriffen, besonders im 19. und 20. Jahrhundert, als Bücher wie „Die Tempelritter und die Freimaurerei“ populär wurden.
In dieser Erzählung heißt es, dass einige Tempelritter, um der Verfolgung durch die Kirche und den französischen König zu entkommen, in die Freimaurerorganisation eintauchten, ihre Traditionen und Geheimnisse mitbrachten und so die Bruderschaft beeinflussten. Diese Vorstellung ist vor allem in okkulten und esoterischen Kreisen weit verbreitet, ist aber historisch nicht belegbar.
Symbolik und Rituale
Ein weiterer Grund für die Verbindung von Tempelrittern und Freimaurern sind die Ähnlichkeiten in der Symbolik und den Ritualen beider Gruppen. Beide Organisationen verwenden bestimmte Symbole, wie das allsehende Auge oder den Pentagramm, die mit mystischen oder spirituellen Bedeutungen aufgeladen sind. Die Freimaurer-Logen verwenden Symbole und Rituale, die an das Handwerk und die Baukunst erinnern, jedoch auch okkulte und esoterische Dimensionen aufweisen.
Einige der älteren Freimaurer-Rituale, die aus der Zeit der ersten Zünfte stammen, erinnern an die ritterlichen Zeremonien der Tempelritter. Das Schwert, das in beiden Traditionen eine Rolle spielt, und die Idee des „geheimen Wissens“ lassen Raum für Spekulationen, dass die Freimaurer etwas vom Wissen der Tempelritter übernommen haben könnten.
Die „Erbe der Tempelritter“-Theorien
Im 19. Jahrhundert wurden die Mythen um eine direkte Verbindung von Tempelrittern und Freimaurern noch weiter verstärkt. Es gibt diverse Bücher und okkulte Theorien, die behaupten, die Freimaurer hätten nicht nur das geheime Wissen, sondern auch die „Erbfolge“ der Tempelritter übernommen. In dieser Erzählung wird das „geheime Erbe“ der Tempelritter als eine Form von spiritueller und historischen Linie gesehen, die über Jahrhunderte hinweg weitergegeben wurde.
Der französische Autor und Historiker René Guénon (1886–1951) war einer derjenigen, der die Existenz einer solchen „esoterischen Tradition“ betonte. Guénon glaubte, dass die Freimaurer als „Wächter“ eines alten Wissens gesehen werden könnten, das bis zu den Tempelrittern zurückreicht. Auch die Theorie, dass das „Erbe“ der Tempelritter durch verschiedene esoterische Gesellschaften bis in die Moderne überliefert wurde, ist weit verbreitet.
Historische Realität: Keine Beweise für eine direkte Verbindung
Trotz all dieser Mythen und Spekulationen gibt es keine soliden historischen Beweise dafür, dass eine direkte Verbindung zwischen den Tempelrittern und den Freimaurern bestand. Historiker sind sich weitgehend einig, dass es keine formelle Übergabe von Wissen oder Traditionen zwischen den beiden Organisationen gab.
Die Freimaurerei, wie wir sie heute kennen, entstand erst Jahrhunderte nach dem Fall der Tempelritter und hatte ihre Ursprünge in den Zünften der mittelalterlichen Steinmetze, die keine direkten Verbindungen zu den Tempelrittern hatten. Auch wenn es Überschneidungen in Symbolik und Ritualen gibt, sind diese oft eher allgemein religiösen oder mystischen Ursprungs und nicht spezifisch auf die Tempelritter zurückzuführen.
Zudem existieren keine glaubwürdigen Quellen, die belegen, dass überlebende Tempelritter in Freimaurer-Logen aufgenommen wurden. Historiker argumentieren, dass die Freimaurerei als eine eigenständige Bewegung entstanden ist, die von den Traditionen der Zünfte beeinflusst wurde, jedoch unabhängig von den Tempelrittern.
Mystifizierung und Mythos
Die Verbindung zwischen den Tempelrittern und den Freimaurern bleibt ein faszinierendes Thema, das von vielen Theoretikern und Esoterikern weiterverbreitet wird. Die Ähnlichkeiten in Symbolik und die Geheimhaltung beider Organisationen, sowie die mysteriösen Umstände rund um das Ende des Tempelritterordens, tragen zu einer dauerhaften Mystifizierung bei. Doch trotz all der Spekulationen und Legenden gibt es keine historischen Beweise, die eine tatsächliche Verbindung zwischen den beiden Organisationen belegen. Die vielen Mythen, die von einer geheimen Übertragung von Wissen und Traditionen sprechen, bleiben Teil der Legendenbildung, die diese Organisationen umgibt.
Ob es eine direkte historische Verbindung zwischen den Tempelrittern und den Freimaurern gibt oder nicht – beide Gruppen haben ihren Platz in der Geschichte als geheimnisvolle und faszinierende Institutionen, die bis heute eine bedeutende Rolle im kollektiven Bewusstsein der westlichen Welt spielen.
Die Templer heute
Trotz ihrer Zerschlagung im 14. Jahrhundert gibt es bis heute zahlreiche Organisationen, die sich auf die Tempelritter berufen. Einige davon sind Orden, die Rituale und Bräuche der Tempelritter wiederaufleben lassen, während andere Gruppen in esoterischen oder mystischen Zusammenhängen tätig sind. Diese modernen Templer haben wenig bis gar nichts mit den historischen Rittern zu tun, sondern bedienen sich eher der Legenden und Mythen, die sich um den Orden ranken.
Fazit
Die Tempelritter sind ein faszinierendes Beispiel dafür, wie sich historische Ereignisse mit Mythen und Legenden vermischen können. Während viele der populärsten Geschichten über den Orden – wie der Heilige Gral, geheim gehaltene Schätze oder okkulte Praktiken – eher aus der modernen Fantasie stammen, bleibt der historische Orden der Tempelritter ein bedeutendes Symbol für Ritterlichkeit, Glauben und den Kampf um religiöse und politische Macht im Mittelalter. Die mystische Aura, die sich um den Orden bildet, bleibt bis heute ein beliebtes Thema in Literatur, Film und Esoterik.
Die ursprünglichen Zünfte der Freimaurer (Steinmetze und Baumeister) hatten tatsächlich einen enormen Schatz an Know How und Know That, ohne das die Kathedralen der damaligen Zeit nie hätten gebaut werden können. Es gab ja damals keine leicht zugängliche Fachliteratur im heutigen Sinne. Und man sollte sich in diesem Zusammenhang auch einmal den damaligen Bestand an Werkzeugen und Maschinen vor Augen führen.
Dieses Wissen und Können wurde von Person zu Person weitergegeben und war natürlich das eigentliche Kapital dieser Zünfte und Vereinigungen. Und natürlich wurde dieses Kapital konsequent geschützt.
Steinmetze galten damals zu Recht als ungemein gebildet: Wer wusste denn schon um die reiche Symbolik der Bildhauerarbeiten oder die historische Entwicklung diverser Schriftarten – und wer konnte diese Dinge in Stein umsetzen?
LikeLike
„In Wahrheit gibt es jedoch keine historischen Beweise dafür, dass die Tempelritter jemals mit dem Heiligen Gral in Berührung kamen oder ihn besaßen.“
Gibt es denn historische Beweise, dass der Heilige Gral existiert(e)?
LikeLike
Du zweifelst an Henry Jones Jr? Ich habe die Dokumentation über seine Suche nach dem Heiligen Gral gesehen! 😜
LikeLike