Wilhelm Landig – der Mythenschmied des postnazistischen Untergrunds

Wilhelm Landig und der Wiener Okkult-Nazi-Kreis: Zwischen Esoterik, Verschwörung und politischer Unterströmung

Einführung

Wilhelm Landig (1909–1997) war ein österreichischer SS-Mann, Autor und eine Schlüsselfigur der sogenannten „esoterischen Rechten“ nach dem Zweiten Weltkrieg. Sein Einfluss beschränkt sich nicht nur auf okkulte Literatur oder rechte Subkulturen – sein Wirken und Denken haben eine beunruhigende Spur hinterlassen, die bis heute in rechtsextremen Mythen, Verschwörungstheorien und esoterischen Bewegungen nachwirkt.

1. Wer war Wilhelm Landig?

Wilhelm Landig wurde am 20. Dezember 1909 in Wien geboren. Über seine frühen Jahre ist wenig öffentlich bekannt, doch es steht fest, dass er sich bereits früh dem aufkommenden deutschnationalen und später nationalsozialistischen Milieu verbunden fühlte. Er trat 1930 der NSDAP bei – zu einer Zeit, als die Nationalsozialisten in Österreich noch eine verbotene Partei waren – und später auch der SS. Diese ideologische Ausrichtung sollte sein gesamtes weiteres Leben prägen.

Karriere während des Nationalsozialismus

Während des Zweiten Weltkriegs war Landig Mitglied der Waffen-SS und soll im Bereich der Nachrichtendienste gearbeitet haben, möglicherweise im Umfeld des Sicherheitsdienstes (SD), dem Geheimdienst der SS. Exakte Angaben sind schwer verifizierbar, nicht zuletzt, weil viele seiner späteren Behauptungen über seine Tätigkeiten von Mystifizierung und bewusster Legendenbildung durchzogen sind.

Es ist jedoch belegt, dass Landig nach dem Krieg in Wien aktiv blieb, wo er sich im Kreis ehemaliger SS-Männer, Okkultisten und esoterischer Ideologen bewegte. Er selbst präsentierte sich später gerne als Eingeweihter in geheime NS-Projekte, die mit Technologie, Okkultismus oder „arktischer Mythologie“ zu tun gehabt hätten – doch es ist sehr wahrscheinlich, dass ein großer Teil dieser Selbstdarstellung reine Konstruktion war.

Die Rückkehr nach Wien und ideologische Reaktivierung

Nach Kriegsende tauchte Landig in Wien wieder auf – relativ unbehelligt, wie viele seiner ehemaligen SS-Kameraden. Doch statt sich in den Hintergrund zurückzuziehen, begann er eine zweite Karriere: als Schriftsteller, Ideologe und Netzwerker in der Szene der sogenannten esoterischen Rechten. Er war kein ungebildeter Fanatiker, sondern ein Intellektueller mit starkem Hang zu spekulativem Denken, Mythologie und symbolischer Weltdeutung.

In den 1950er und 60er Jahren baute er den bereits erwähnten „Landig-Kreis“ auf – ein informelles intellektuelles Netzwerk, das versuchte, den Nationalsozialismus spirituell, mythologisch und kulturell weiterzuentwickeln. Landig selbst sprach nicht mehr offen von Hitler oder NSDAP, sondern kodierte sein Denken in Mythen, Science-Fiction-artigen Erzählungen und einer Neuinterpretation der „arischen Mission“. Seine Werke und Ideen sind voller symbolischer Umdeutungen, in denen er Nazis als Wächter geheimen Wissens stilisierte – eine gefährliche Form der Rehabilitierung durch Mystifikation.

Landig als Autor: Die Thule-Trilogie

Seine literarische Hauptleistung ist die sogenannte „Thule-Trilogie“, die zwischen 1971 und 1991 erschien. Die drei Romane – Götzen gegen Thule, Wolfszeit um Thule und Rebellen für Thule – vermengen Elemente von Science-Fiction, Fantasy, Verschwörungstheorie, Mythologie und Ideologie. Sie erscheinen zunächst wie Abenteuergeschichten, doch in Wahrheit sind sie ideologische Programme.

In den Romanen werden SS-Offiziere zu Hütern geheimer arischer Technologie, fliehen am Ende des Krieges nach Neuschwabenland (Antarktis) und bereiten dort eine spirituelle und technische Wiedergeburt der „nordischen Rasse“ vor. Dieses Motiv bildet das Herzstück der heutigen Nazi-UFO-Mythen und der sogenannten „Vril-Energie“-Fantasien. Landig behauptete zwar, seine Romane seien Fiktion – doch es ist offensichtlich, dass er damit bewusst Legendenbildung betrieb.

Ideologische Position: „Arktogäa“ und Völkischer Esoterismus

Eine zentrale Idee Landigs ist die von der sogenannten „Arktogäa“ – einer urzeitlichen, im arktischen Norden liegenden Wiege der „arischen Menschheit“. Dies ist eine Neuauflage älterer Ideen aus der Ariosophie (z. B. Guido von List, Jörg Lanz von Liebenfels) und Theosophie, vermengt mit nationalsozialistischer Rassenideologie und einem Hang zur Technomystik.

Landigs Denken basiert auf einem tief verwurzelten Dualismus:

  • Die „Arier“ als Träger kosmischen Lichts und technologisch-spiritueller Reinheit
  • Die „Dunkelmächte“ (oft codiert als Zionisten, Bolschewiken, Amerikaner) als Verderber der Weltordnung

Diese Denkstruktur zieht sich wie ein roter Faden durch seine Romane und seine ideologische Weltanschauung – und bildet die ideologische Brücke zu späteren rechten und verschwörungsideologischen Szenen.

Landigs Spätwerk und Tod

Bis zu seinem Tod im Jahr 1997 blieb Landig in einschlägigen Kreisen aktiv. Er korrespondierte mit internationalen Figuren der esoterischen Rechten, darunter Miguel Serrano in Chile, und galt als eine Art spiritueller Mentor für andere rechtsextreme Esoteriker im deutschsprachigen Raum. Trotz seiner offenen Nähe zu SS-Ideologie wurde er nie strafrechtlich belangt – nicht untypisch für viele Akteure der sogenannten intellektuellen Nachkriegsrechten.

Wilhelm Landig war ein ideologischer Grenzgänger – SS-Mann, Esoteriker, Autor und geistiger Vater einer Reihe rechter Mythen, die bis heute in Subkulturen wirken. Sein Werk stellt einen Versuch dar, die Ideologie des Nationalsozialismus in eine überzeitliche, mythologisch-esoterische Form zu gießen, die sich der direkten politischen Kritik oft entzieht – und dadurch umso gefährlicher ist.

2. Der „Landig-Kreis“: Netzwerk einer esoterischen Nachkriegs-Rechten

Nach dem Zweiten Weltkrieg fand sich Wilhelm Landig in Wien in einem ideologisch verwandten Umfeld wieder. Dort formierte sich ein informeller Kreis Gleichgesinnter, die – geprägt von Niederlage, Entnazifizierung und ideologischer Deklassierung – eine neue Form des Nationalsozialismus zu entwickeln versuchten: spirituell aufgeladen, mythologisch begründet, und vor allem immun gegen die Rationalität der Aufklärung. Dieser Kreis wird heute unter verschiedenen Namen zusammengefasst: „Landig-Kreis“, „Thule-Kreis Wien“ oder auch einfach als Teil der esoterischen Rechten.

Struktur und Arbeitsweise

Der Landig-Kreis war keine organisierte Gruppierung im klassischen Sinne: keine Partei, kein Verein, kein Orden mit Mitgliedsausweisen. Vielmehr handelte es sich um einen intellektuell-esoterischen Salon. Die Gruppe traf sich regelmäßig, meist im privaten Rahmen, diskutierte Literatur, Mythologie, Runenkunde, SS-Forschung und vor allem: die mystische Mission der „arischen Rasse“. Die Grenze zwischen Ideologie, literarischer Fiktion, okkulter Spekulation und politischer Restitution war fließend.

Der Zweck dieser Treffen war die spirituelle Rehabilitierung des Nationalsozialismus. Landig selbst bezeichnete sie als eine „Werkstatt“, in der eine neue, „metapolitische“ Form des Denkens entwickelt werden sollte – jenseits von Parteipolitik, aber mit ideologisch klarer Stoßrichtung.

Wichtige Mitglieder und ideologische Verbündete

Die genaue Zusammensetzung des Kreises war wandelbar. Die wichtigsten Persönlichkeiten waren:

• Rudolf J. Mund (1920–1985)

Ein österreichischer Autor, SS-Mann und Runenexperte. Mund sah in den Runen eine „kosmische Sprache“ der Arier und verband germanisches Neuheidentum mit rassischer Esoterik. Er veröffentlichte Werke wie „Runenkunde“ und war maßgeblich daran beteiligt, die NS-Ideologie über das Vehikel des germanischen Symbolismus zu retten.

• Erik von Neinhardt

Über ihn ist wenig Konkretes bekannt. Er trat eher als ideologischer Gesprächspartner auf, soll aber eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung der „arktischen Mythologie“ gespielt haben.

• Karl Spiesberger (1904–1992)

Ein bekannter deutscher Okkultist, der sich mit Runenmagie und Theosophie beschäftigte. Zwar war Spiesberger weniger ideologisch radikal als Landig, doch es gab zeitweise Überschneidungen. Später grenzte er sich von rassistisch-völkischen Ansätzen ab.

• Miguel Serrano (1917–2009) (Außenstehender Verbündeter)

Ein chilenischer Diplomat und Autor, der den „esoterischen Hitlerismus“ entwickelte – ein weltweit einzigartiges Konglomerat aus NS-Ideologie, Hindu-Mythologie und okkulter Philosophie. Seine Verbindung zu Landig ist gut dokumentiert. Serrano betrachtete Landig als einen „Pionier des arischen Erwachens“.

Zentrale Ideen und Zielsetzung

Das Ziel des Landig-Kreises war kein politischer Umsturz im klassischen Sinn, sondern eine spirituelle Umwälzung: die Rückführung der Menschheit unter die Führung einer „arischen Elite“, die über uraltes Wissen und spirituelle Überlegenheit verfügt. Dabei wurde auf alte völkische, theosophische und ariosophische Strömungen zurückgegriffen, insbesondere auf:

  • die Idee eines „Hyperboreischen Ursprungs“ der Arier
  • die angebliche Überlegenheit der nordischen Rasse
  • die Notwendigkeit einer „kosmischen Reinigung“ (oft als Apokalypse oder Umsturz gedeutet)

Der Kreis versuchte, seine Ideen verschlüsselt über Literatur, Symbolik und Mythologie weiterzugeben – nicht durch offene NS-Nostalgie, sondern durch Mythenbildung.

3. Nazi-Mythen, Esoterik und „okkulte Technik“: Das ideologische Universum des Landig-Kreises

Der Landig-Kreis war einer der zentralen Geburtsorte jener bizarren Versatzstücke, die heute unter dem Sammelbegriff „Nazi-Esoterik“ oder „okkulte Rechte“ kursieren. Diese Mythenwelt verbindet völkische Rassentheorien mit Atlantis-Spekulationen, Flugscheibenfantasien, unterirdischen Basen, kosmischer Energie und spiritueller Überlegenheit. Einige zentrale Bausteine dieses ideologischen Universums:

A. Die Schwarze Sonne

Das Symbol der „Schwarzen Sonne“ – ein radiales Sonnenrad, das heute häufig von rechtsextremen Gruppen verwendet wird – wurde vom Landig-Kreis erstmals bewusst mystifiziert.

  • Ursprünglich basierend auf einem Ornament im Wewelsburg-Turm, das Heinrich Himmler in die SS-Mythologie eingebunden hatte.
  • Vom Landig-Kreis interpretiert als kosmische Kraftquelle und okkultes Zeichen der „neuen arischen Ordnung“.
  • Später von Gruppen wie der Heimattreuen Jugend, Reichsdeutschen-Esoterikern oder rechten Metal-Bands als Symbol übernommen.

Die Schwarze Sonne wurde zu einem Sinnbild für „verborgene Macht“ – verborgen, aber wirkend. Eine Art arische Endzeit-Ikone.

B. Neuschwabenland & Nazi-UFOs

Landig war einer der Hauptarchitekten der „Neuschwabenland-Legende“:

  • Nach dieser Erzählung sollen SS-Einheiten am Ende des Zweiten Weltkriegs in die Antarktis geflohen sein.
  • Dort bauten sie in einem riesigen Höhlensystem eine unterirdische Hochtechnologie-Basis auf, in der sie weiterlebten.
  • Diese Basis sei der Ursprung der sog. „Reichsflugscheiben“ – geheimnisvolle UFO-artige Flugobjekte wie Vril-1, Haunebu II, etc.
  • Spätere UFO-Sichtungen (z. B. über Washington 1952) wurden als „Rückkehr der SS-Technologie“ gedeutet.

Diese Mythen wurden nie durch Beweise gestützt, entfalteten aber eine enorme popkulturelle und verschwörungsideologische Wirkung.

C. Thule, Hyperborea und Arktogäa

Landigs Weltbild verknüpfte die Ideen der Thule-Gesellschaft (real: 1918–1925) mit mythologischen Vorstellungen von einem „Urkontinent“ im hohen Norden:

  • Thule: Das sagenhafte Ursprungsland der Arier.
  • Hyperborea: Eine nordische Hochkultur, die einst die Weltzivilisation begründet haben soll.
  • Arktogäa: Landigs eigener Begriff für die ursprüngliche „arische Urheimat“ in der Arktis.

Diese Konzepte lehnten sich an ältere esoterische Quellen an (Theosophie, Guido von List, Helena Blavatsky), wurden aber im Kontext des 20. Jahrhunderts als ideologische Narrative rekonstruiert – eine Mythologie für das „Dritte Reich nach dem Dritten Reich“.

D. Vril-Kraft und „kosmische Technologie“

In Anlehnung an Edward Bulwer-Lyttons Roman The Coming Race (1871) fabulierte Landig von der Existenz einer „Vril-Kraft“:

  • Eine Art kosmische Energie, die nur von den „Erwachten“ (Ariern) genutzt werden kann.
  • Diese Energie soll in antiken Zeiten zur Levitation, Heilung, Waffenbau und spirituellen Erleuchtung gedient haben.
  • In den Romanen Landigs wird Vril mit SS-Technik verbunden: Flugscheiben, Schutzschilde, Strahlenwaffen.

Vril wurde so zur Schnittstelle zwischen Okkultismus und Science-Fiction – und ein beliebtes Motiv in der rechten Esoterik.

E. Dualistische Weltdeutung

Im Zentrum dieser Mythen steht eine rassistisch-dualistische Weltsicht:

  • Licht gegen Dunkelheit, Arier gegen „Degenerierte“, Kosmos gegen Chaos
  • Die Welt sei in einen spirituellen Endkampf getreten – und nur die „Bewahrer des arischen Wissens“ könnten sie retten.
  • Die Gegner (oft nur angedeutet) sind: Zionisten, Amerikaner, Bolschewiken, „Globalisten“, „Materialisten“ – klassische antisemitische und antiwestliche Feindbilder.

Diese Mythen sind nicht harmlos. Sie schaffen eine ästhetisierte, mythisch überhöhte Nazi-Nachfolgeideologie, die sich vor strafrechtlicher Verfolgung durch Symbolik, Metaphorik und Esoterik schützt – und gerade deshalb in Subkulturen, Jugendkulturen und Internetforen langlebig und anschlussfähig bleibt.

4. Wirkung bis heute: Vom Landig-Kreis zur digitalen Esoterik der Neuen Rechten

Obwohl Wilhelm Landig keine breite Öffentlichkeit erreichte und seine Werke vor allem in Kleinverlagen kursierten, strahlte seine ideologische Arbeit tief in die Subkulturen der extremen Rechten aus. Das liegt vor allem daran, dass er Narrative entwickelte, die eine hohe Anschlussfähigkeit an Popkultur, Okkultismus, Esoterik, Verschwörungstheorie und Science Fiction besitzen – Bereiche, die in digitalen Netzwerken besonders wirksam zirkulieren.

A. Neue Rechte und Esoterik: Der diskrete Einfluss Landigs

Insbesondere im metapolitischen Denken der Neuen Rechten (etwa im Umfeld von Götz Kubitschek, der „Sezession“ oder des Instituts für Staatspolitik) ist die Idee wirkmächtig, dass eine „Wiedergeburt Europas“ nicht nur politisch, sondern geistig und symbolisch vorbereitet werden müsse. Auch wenn Landig nicht direkt zitiert wird, finden sich in diesem Denken zentrale Motive wieder:

  • der Mythos der kulturell-spirituellen Überlegenheit der „europäischen Völker“
  • die Suche nach einem „authentischen Ursprung“ (manchmal heidnisch, manchmal „völkisch-traditionalistisch“)
  • die Idee einer apokalyptischen Krise, nach der eine „neue Ordnung“ entstehe

Landigs Mythologisierung des Nationalsozialismus dient dabei als Narrativbaustein, auf dem neue ideologische Konstrukte aufbauen können, ohne sich offen auf den historischen Nationalsozialismus zu berufen.

B. Telegram, Subkulturen und rechte Esoterik-Influencer

Seit etwa 2015 beobachtet man eine Wiederkehr völkischer Esoterik in den digitalen Parallelwelten der extremen Rechten:

  • In Telegram-Kanälen wie „Volkslehrer“, „Vril Energie“, „Söhne Thules“ oder „Heidnischer Widerstand“ werden Inhalte geteilt, die direkt auf Landigs Erzählungen Bezug nehmen: Flugscheiben, Arktogäa, Schwarze Sonne.
  • Verbindungen bestehen zur sogenannten „Reichsbürger“-Bewegung, deren Weltbild häufig mit mythischen Ursprungsnarrativen, Germanenkult und pseudowissenschaftlicher Technik aufgeladen ist.
  • Auch in Querdenker-Kreisen taucht Landigs Geist wieder auf – etwa in Form der Idee, dass „geheimes arisches Wissen“ von dunklen Mächten unterdrückt werde, oder dass die wahre Geschichte der Menschheit verfälscht sei.

Diese Inhalte verbreiten sich durch:

  • Memes und YouTube-Dokumentationen (oft pseudowissenschaftlich)
  • Telegram-„Infokanäle“, die wie Aufklärungsangebote wirken
  • Sprachlich codierte Begriffe, z. B. „Kinder des Lichts“, „Stämme Hyperboreas“, „Vril-Energie“, um Inhalte für Eingeweihte erkennbar zu machen

C. Landig in der Popkultur

Obwohl Wilhelm Landig selbst kein Popautor im klassischen Sinn war, hat seine Thule-Trilogie (1971–1991) viele der heute populären Motive aus der „Nazi-UFO“-Szene vorgeprägt. Diese Ideen wurden von der Popkultur aufgegriffen und banalisiert:

  • In Videospielen wie Wolfenstein, Call of Duty: Zombies oder Iron Sky (Filmreihe) wird die Idee „Nazi-Technologie + Okkultismus + UFOs“ zum unterhaltsamen Plot.
  • In Comics und Mangas („Hellsing“, „The Boys“, „Captain America“) tauchen wiederholt SS-Vampire, Nazi-Zauberer oder okkulte „Dritte Reich“-Versatzstücke auf.
  • In Dark Ambient- und Neofolk-Szenen (z. B. Der Blutharsch, Death in June, Allerseelen) wird mit der Symbolik der Schwarzen Sonne, Thule, nordischen Göttern etc. gespielt – häufig ohne klare Distanzierung.

Diese ästhetisierte Darstellung kann entideologisierend wirken – doch sie normalisiert gleichzeitig Motive, die ursprünglich in einem zutiefst menschenverachtenden Weltbild wurzeln.

D. Internationale Wirkung: Esoterischer Faschismus und Serranos Erben

Landigs Einfluss reicht bis in den internationalen Raum. Über seine Verbindung zu Miguel Serrano in Chile wurde seine Ideologie Teil des sogenannten „Esoteric Hitlerism“, einer besonders radikalen Spielart des Okkult-Faschismus. Bis heute berufen sich darauf:

  • Internationale Netzwerke wie die Order of Nine Angles (ONA) – eine neonazistische, satanistische Gruppierung aus Großbritannien.
  • Telegram-Gruppen in Lateinamerika und Russland, die Serranos Werke verbreiten und Landig mitzitieren.
  • NSBM-Bands (National Socialist Black Metal) aus Europa, Russland und Südamerika, die mit Schwarzer Sonne, Thule und Arktogäa operieren.

Die Überlappung von Esoterik, Rassismus, Apokalyptik und Gewaltaffinität macht diese Subkultur besonders gefährlich – sie zieht radikalisierungsbereite Einzelne an, die sich als Teil einer spirituell Auserwählten Kaste betrachten.

Fazit: Wilhelm Landig – der Mythenschmied des postnazistischen Untergrunds

Wilhelm Landig war kein Massenverführer, kein Parteigründer, kein Attentäter. Und doch war er ein Schlüsselakteur der intellektuellen und spirituellen Nachkriegs-Rechten. Seine Bedeutung liegt nicht in öffentlichem Einfluss, sondern in der Konstruktion eines ideologischen Mythensystems, das bis heute in rechten Subkulturen wirkt.

Er verwandelte die Niederlage des Nationalsozialismus in eine okkulte Erzählung von Rückzug, Bewahrung und Wiederkehr. Aus Hitler machte er keinen Politiker, sondern ein metaphysisches Prinzip. Aus der SS keine Verbrecherbande, sondern eine „Ritterschaft“ kosmischer Ordnung. Und aus Thule einen Ursprungspunkt für die nächste Evolutionsstufe der Menschheit.

Dieses System wirkt deshalb bis heute:

  • weil es codiert ist, und sich der strafrechtlichen Verfolgung entzieht
  • weil es ästhetisch aufgeladen ist, und dadurch verführerisch erscheint
  • weil es einfache Erklärungen für komplexe Krisen bietet: „Du bist Teil der Erwählten – der Feind unterdrückt die Wahrheit“

Landigs Werke liefern bis heute das narrative Rohmaterial für rechte Esoteriker, Identitäre, Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger – ob als „Alternative Geschichte“, als okkulte Romane oder als „Wahrheitsliteratur“ in Telegram-Kanälen. Er selbst ist heute nur wenigen bekannt – aber seine Ideen wirken unter der Oberfläche weiter.

Fazit in einem Satz:
Wilhelm Landig ist der unsichtbare Architekt eines esoterischen Nationalsozialismus, dessen gefährliche Mythen in der digitalen Gegenwart neue Resonanzräume gefunden haben.

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