Und wieder keine Lösung zur Sterbehilfe

Der Bundestag hat es also wieder einmal verkackt. Super, ganz klasse… Wieder wird es keine Klarheit zum Thema Sterbehilfe geben, wie die Tagesschau gerade online vermeldet. Das bedeutet also, dass auch drei Jahre nachdem das Bundesverfassungsgericht das Recht auf selbstbestimmtes Sterben formuliert hat, der assistierte Suizid in einer juristischen Grauzone vor sich hin dämmert.

Aber wenigstens war die Debatte im Bundestag ernsthaft und tiefschürfend, wie Frau Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates lobend erwähnt hat. Wissen Sie was Frau Buyx? Die ganze ernsthafte und tiefschürfende Debatte können Sie sich in die Haare schmieren, die bringt niemanden etwas.

Und ja, ich bin sauer. Ich bin sogar stinksauer. Ich bin stinksauer, dass mir als Otto Normalverbraucher das Recht auf einen würdevollen und vor allem schmerzfreien Tod noch immer verwehrt wird.

Ich habe jetzt dreimal, drei verdammte Mal, mit ansehen müssen, wie enge Verwandte von mir unter Schmerzen verreckt sind. Ja, das war kein würdevoller Tod wie ihn sich irgendwelche Pfaffen oder Ethiker oder Politiker vorstellen, das war ein verrecken in einem brutalen auf- und ab von Schmerzen, das ich keinem Menschen wünsche.

Mein Vater fasste es in einem seiner letzten klaren Momente treffend zusammen, als er sagte „Jeden scheiß Köter darf man bei solchen Schmerzen erlösen, aber ich muss das ertragen!“

Nein, das sind Erfahrungen, die ich keinem Menschen wünsche zu machen. Und wenn mir dann irgendein Papst oder Kardinal oder sonst irgendein „Kirchenvertreter“ etwas über die „Würde des Leidens“ erzählt oder irgendein Ethiker oder irgendein Politiker oder sonst irgendein weltfremder Theoretiker*in mir schlaue Reden halten will, dann soll er/sie erstmal losziehen und solche Erfahrungen machen, bevor ich ihn/sie ernstnehmen kann.

Würdevolle Debatte… am Arsch! Das bringt die ganze Geschichte keinen Meter weiter.

Natürlich muss es Schranken geben, um einem Missbrauch vorzubeugen, aber das Grundthema, dass jeder Mensch nicht nur ein Anrecht auf ein selbstbestimmtes, freies Leben, sondern auch auf ein selbstbestimmtes, freies Sterben hat, das muss doch erstmal verankert und gesichert werden.

Und wer da als erstes die Klappe dazu halten sollte, das sind die Pfaffen jedweder Strömung. Diese „Herrschaften“ halten doch das Volk schon lange genug unter ihrer Knute mit ihren eigenen Interpretationen, was ihr imaginärer Freund alles will oder nicht will. Wenigstens sterben will ich, ohne dass mir so ein Hansel*in reinredet.

Verdammt nochmal, habe ich eine Wut! Noch nicht einmal sterben kann ich, wie ich will. Und wem ich jetzt schon wieder zu derb schreibe oder nicht höflich genug oder irgendwelche Schneeflöckchen sich jetzt wieder angegriffen fühlen oder sonstwas ist, da kann ich jetzt auch nicht helfen.

5 Gedanken zu “Und wieder keine Lösung zur Sterbehilfe

  1. Sehr geehrter Onkel Michael,

    verständlicher Zorn. Nur: Die Tagesschau hat es falsch zusammengefasst, die aktuelle Rechtslage nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil, das eben genauso gilt wie ein Gesetz, ist weiter als die beiden mit Beratungspflicht und Fristen versehenen Vorschläge, insbesondere als der viel zu enge Castellucci-Vorschlag (grundsätzlich wäre da Hilfe zum Suizid strafbar). Der FDP – und Künast-Vorschlag hingegen hatte generelle Straffreiheit mit Beratung vorgesehen, also etwas enger als die aktuelle Lage, aber eben grundsätzlich straffrei. Statt die Rechtslage ordentlich darzustellen, hat die Tagesschau offenbar den Eindruck einer Grauzone stehenlassen. Das stimmt einfach nicht. Dazu das Zitat vom Ethikrat, das inhaltlich zutrifft: „Diese geltende Rechtslage ist dadurch charakterisiert, dass Hilfe zum Suizid grundsätzlich erlaubt ist – und zwar sowohl strafrechtlich als auch berufsrechtlich für die Ärzte. Voraussetzung ist aber, dass die Freiverantwortlichkeit der Entscheidung sorgfältig überprüft wird.“ Es muss übrigens nicht zwingend Schranken zu einer straflosen Vortat geben, anders als Sie schreiben „muss .. Schranken geben“, die Hilfe bei einem straflosen Suizid unter Strafe zu stellen ist hingegen begründungsbedürftig; man kann bei Erwachsenen auch der Selbstbestimmung folgen und das wie jetzt aktuell straflos lassen. Der zweite Vorschlag hatte einige Beratungsstellen vorgesehen, das ist eigentlich nicht schlecht und sollte unabhängig vom StGB weiterverfolgt werden. Kranke sollen eben auch nicht unter Druck von Angehörigen kommen. Die Schwierigkeit dürfte eher sein, einen Arzt zu finden, der rechtzeitig berät und angemessen hilft. Und Schmerzbehandlung ist erst recht weiter zulässig und dringend nötig. Mit großer Anteilnahme, F.O.

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  2. Danke,
    Genau Das!Ich habe meinen Vater trotz Morphium unter Schmerzen sehen .Nein ,nicht sterben elend zu Grunde gegangen ist er .
    14 Monate Todeskampf .Und nein er war keine Ausnahme .Auf der Station dort habe ich einige genauso leiden sehen . Und von den anderen Angehörigen, hörte ich Ähnliches .
    Da muss es eine Regelung geben .
    Dieses Geschwafel von mit Würde Sterben .
    Ich kann es nicht mehr hören .
    Danke für Ihre Worte

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  3. Lieber Michael,

    ja, die Rechtsunklarheit (die gar nicht so unklar ist) würde schon ein Gesetz erfordern, nur ein ganz, ganz anderes, als sich dieser bigott-menschenverachtende Trupp in Berlin das so denkt. Insofern ist vielleicht tatsächlich eher positiv zu werten, dass derzeit keiner der Entwürfe zum Tragen gekommen ist. Immerhin werden die Sterbehilfevereine (die man ja als den Gottseibeiuns ansieht, den es zu bekämpfen gelte) jetzt weiterarbeiten. Bei mehreren 100 detailliert dokumentierten Sterbehilfefällen seit dem Urteil von 2020 gab es irgendwelche Skandale, Entgleisungen oder moralische Fragwürdigkeiten bei diesen. Im Bundestag schon, wie ich finde …

    Vom Entwurf Castellucci wollen wir gar nicht reden, der will eindeutig eine Neuauflage des alten § 217 installieren und würde mit Sicherheit in Karlsruhe wieder einkassiert. Dass das nicht gesehen wird von den Befürwortern, zeigt das Ausmaß des „missionarischen Eifers“, der es für gerechtfertigt hält, den Menschen religös-moralisch geprägte Vorurteile als Handlungsmaxime aufzuoktroyieren. Zu Castelluccis Irrweg habe ich beim Humanistischen Pressedienst schon geschrieben:

    https://hpd.de/artikel/neue-regelung-suizidbeihilfe-im-strafrecht-rechtssystematischer-irrweg-20878

    Aber so viel besser ist der Entwurf Künast auch nicht, denn auch er zeichnet ein Bild des völlig unmündigen und psychisch suspekten Suizidwilligen, die es gilt, durch einen unwürdigen bürokratischen Parcours zu jagen, mit einem Zeitaufwand, der für viele eh illusorisch ist.

    Und der zuletzt „verschmolzene“ Entwurf ist, wie stets bei so etwas, ein Konglomerat aus dem Schlechten beider Teile.

    Um es in aller Deutlichkeit zu sagen, es wird ein weiteres Mal in großer Selbstüberhebung versucht, den klaren Spruch des Bundesverfassungsgerichts von einem offenbar tatsächlich als legitim empfundenen superethischen Meta-Standpunkt aus zu einem praktischen Nichts zu reduzieren.

    Nach wie vor schimmert durch, „kommerziellen Sterbehilfeorganisationen“ das Handwerk legen zu wollen. Nach wie vor schimmert durch, dass man an „kommerzielle Überlebensfabriken“ (vielfach betrieben von kirchlich-konfessionell gebundenen Trägern) nicht den gleichen Maßstab anzulegen bereit ist.

    Es ist eigentlich ermüdend, denn alle Argumente gegen einen wirklich frei- und eigenverantwortlichen Suizid, die in der erneuten Diskussion entweder explizit vorgebracht oder implizit erkennbar sind, wurden schon vor geraumer Zeit widerlegt und sind auch bei der Beurteilung durch das BVerfG mit gewichtet worden.

    Allen denen, die nach einer gesetzlichen Regelung streben, die de jure oder de facto die Wahrnehmung der vom Gericht fixierten Grundrechtsposition irgendwie beschränken, fehlt es an – Demut.

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  4. Ja. Danke. Genau was dein Vater sagte, habe ich auch schon von Sterbenden in meiner Verwandtschaft gehört. Das Sprichwort „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ bezieht sich letztendlich nur auf die Umstehenden. Vorher stirbt viel zu oft in unserer medizinsuperversorgten Welt die Würde der Kranken und Sterbenden

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  5. Hartes Thema, aber vielleicht kein normales gesellschaftliches Problem, sondern vermutlich eines der allgemeinen Verblödung, sorry, und ich muß sagen, daß man den Ärzten Feuer machen muß, zum Beispiel das Morphium so zu erhöhen, daß es auch wirkt. Die Frau Buyx imEthikrat ist einfach so dumm wie jung, war schon bei Corona so. Und wenn ich nun weiß, daß die meisten Anästhesisten und Schmerzmediziner Frauen sind, na dann Prost Mahlzeit, das ist auch keine andere Baustelle!

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