Wir haben hier in der Bibliothek einen Neuzugang. Besser gesagt einen „Wiederkommer“: Paul. Paul stammt aus Polen, genauer gesagt aus Oppeln und ist seit gut 30 Jahren in Deutschland, wobei man sagen muss, dass sein Deutsch noch, naja, rudimentär ist. Paul ist sowohl für die anderen Leserinnen und Leser, als auch für mich eine besondere Herausforderung. Zum einen olfaktorisch, denn in Paul kombinieren sich drei für die Umwelt recht unschöne Eigenschaften, nämlich eine starke Abneigung gegen Körperhygiene, eine große Zuneigung zu Knoblauch und die Angewohnheit, nun ja, seine Winde ungehindert abzulassen. Naja, ich war ja als Zivi im Rettungsdienst, da ist man einiges gewohnt, aber kommen wir mal zu seinem „Hauptproblem“.
Paul ist schon seit einigen Jahren bei uns angemeldet und kam auch sporadisch immer wieder einmal in unsere Bibliothek. Damals hat er sich hauptsächlich Bücher über Technik und Naturwissenschaften ausgeliehen. Nun ist vor knapp einem halben Jahr seine Frau an einem Herzstillstand verstorben und nun hat Paul die Spiritualität und Esoterik für sich entdeckt, besonders angetan ist er von Prophezeiungen, Visionen und Wahrsagerei aller Art. Kaum kommt ein Scharlatan mit einem neuen Unsinn um die Ecke, springt er schon auf diesen Zug auf.Kurt Allgeier, Nosferatu ääääh Nostradamus, die Sybille von Delphi, Edgar Cayce, Alois Irlmaier oder der Mühlhiasl, allen läuft er nach. Natürlich bringt er auch einen guten Teil seiner Rente bei AstroTV durch, egal was seine Familie oder ich ihm sagen. Dazu kommt noch seine Begeisterung für sämtliche Spielarten der esoterischen „Alternativheilung“.
Was macht man mit einem Menschen der eine vollkommen Beratungsresistenz an den Tag legt? Ein typisches Gespräch mit ihm läuft so ab:
Er: Ich habe ein Buch gelesen über Bruno Gröning, meinst Du, das gibt es mit dem göttlichen Strom?
Ich: Nein, das hat sich der Mann nur ausgedacht, um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Er: Du glaubst also nicht daran?
Ich: Nein, wenn Du krank bist, dann geh zum Arzt.
Er: Ist da wirklich nichts dran?
Ich: Nein!
Er: Aber was ist mit der Fernheilung per Gedanken?
Ich: Das gibt es genauso wenig, wenn Du krank bist, geh bitte zum Arzt!
Er: Hmmm… Vielleicht ist ja doch was dran?
Ich: NEIN!
Er: Naja, vielleicht probiere ich es trotzdem mal aus.
Ich: Kopf -> Tischkante *klonk*
Da der gute Paul keinen Beruf hat und sich sein ganzes Leben als Hilfs- und Gelegenheitsarbeiter durchgebracht hat, hat er natürlich auch keine so große Rente, aber gut 1/3 wandert zu den jeweilig favorisierten Scharlatanen. Mir persönlich tut er schon leid, aber was will ich machen, wenn er derart starrsinnig ist?
2 Gedanken zu “Paul, der pupsende Prophet aus Polen”
Die Kommentarfunktion ist geschlossen.