Schöne Wörter

Ich mag ja eine schöne Sprache, schöne, gedrechselte Formulierungen, deren Autor man die Freude an und die Liebe zur Sprache anmerkt. In diesem Zusammenhang finde ich es übrigens bezeichnend, dass gerade das Buch, das mich am meisten in den letzten Jahren beeindruckt hat, von einem Nicht-Muttersprachler geschrieben wurde. Es handelt sich hierbei um „Manieren“ des in Addis Abeba geborenen Autors Asfa-Wossen Asserate, einem Großneffen von Haile Selassie. Ein Buch, das jeder gelesen haben sollte.

Aber zurück zur schönen Sprache. Bereits im Jahr 2004 hat der Deutsche Sprachrat (keine Bange, hier handelt es sich nicht um eine Versammlung Ewiggestriger zu Rrrrrreinerhaltong der doitschen Sprrrrache) einen Wettbewerb zur Suche nach dem schönsten deutschen Wort ausgelobt. Eine Jury kürte dann das schönste deutsche Wort (Warum in dieser Jury allerdings auch Volker Finke, Herbert Grönemeyer oder Joseph Vilsmaier saßen, entzieht sich meiner Kenntnis.).

Schauen wir uns dann nun die ersten fünf Plätze an:

Platz Nr. 1: Habseligkeiten

Platz Nr. 2: Geborgenheit

Platz Nr. 3: lieben

Platz Nr. 4: Augenblick

Platz Nr. 5: Rhabarbermarmelade

Doris Kalka, die Einsenderin des ersten Platzes schreibt dazu: Das Wort bezeichnet nicht den Besitz, nicht das Vermögen eines Menschen, wohl aber seine Besitztümer, und es tut dies mit einem freundlich-mitleidigen Unterton, der uns den Eigentümer dieser Dinge sympathisch und liebenswert erscheinen lässt.
Typischer Vertreter dieser Klasse von Eigentümern ist etwa ein 6-jähriges Kind, das den Inhalt seiner Hosentaschen ausbreitet, um sich am Reichtum, an der Vielfalt der geliebten Sammlung zu erfreuen.
Oder das Wort bezeichnet – die mehr vom Mitleid geprägte Variante – den spärlichen Besitz dessen, der sein Zuhause verliert und sein karges Hab und Gut für alle sichtbar transportieren muss, zu welchem Unterschlupf auch immer.
Nur schwer lässt sich das Wort im Singular vorstellen: Eine Habseligkeit? – So einfach ist die Seligkeit nicht zu erringen.
Vielfältig und wie zufällig muss die Ansammlung von auf den ersten Blick wertlosen Gegenständen sein, um das Prädikat der Habseligkeiten zu verdienen. Dabei muss sie aber zugleich für ihren Besitzer einen Wert darstellen, der sich aus seinem individuellen seelischen Erleben ergibt und für Außenstehende nicht leicht erkennbar ist.
Lexikalisch gesehen verbindet das Wort zwei Bereiche unseres Lebens, die entgegengesetzter nicht sein könnten: das höchst weltliche Haben, d. h. den irdischen Besitz, und das höchste und im irdischen Leben unerreichbare Ziel des menschlichen Glücksstrebens: die Seligkeit.
Diese Spannung ist es, die uns dazu bringt, dem Besitzer der Habseligkeiten positive Gefühle entgegenzubringen, wie sie gemeinhin den Besitzern von Vermögen und Reichtümern oder Eigentümern von Krempel, Gerümpel und Altpapier versagt bleiben.
Und wo sonst der Weg zum spirituellen Glück, zur Seligkeit also, eher in der Abwendung von weltlichen Gütern oder doch zumindest in der inneren Loslösung aus der Abhängigkeit von Weltlichem gesehen wird, so fassen wir hier die Liebe zu Dingen, allerdings zu den kleinen, den wertlosen Dingen auf als Voraussetzung zum Glück.

Und schon alleine diese Begründung ist doch lesenswert. Eine andere Intention hatte Annamaria Musakova aus der Slowakei, die das Wort „Geborgenheit“ einreichte: Mein schönstes deutsches Wort lautet: »Geborgenheit«, weil es kein Wort in meiner Muttersprache (ich komme aus der Slowakei) gibt, das die genaue Bedeutung dieses Wortes enthalten würde.
Ich liebe dieses Wort, weil ich kein anderes Wort kenne, mit dem man ausdrücken könnte, dass man sich so geborgen, gut, eingelebt … irgendwo fühlt.
In meiner Sprache kann man die Gefühle der Geborgenheit nicht in Worte fassen. Das macht aus diesem Wort mein Lieblingswort der deutschen Sprache.

Mein persönlicher Favorit wäre ja „mutterseelenallein“ gewesen. Dieses Wort trägt so eine tiefe Verzweiflung und Einsamkeit in sich, denn im Normalfall ist ja die Mutter diejenige, die ihr Kind mit bedingungslos liebt und wenn man so alleine auf der Welt ist, dass man sogar von der Mutterseele verlassen ist, ist man wirklich einsam.