6. Stethoskop und Sphygmomanometer
So, nun wissen wir, wie sich die Blutdruckmessung bis heute entwickelt hat. Aber so einfach wie z. B. der Puls ist der Blutdruck nicht zu ermitteln. Ganz klassisch benötigt man hierzu zwei Hilfsmittel: das Stethoskop und das Sphygmomanometer. Schauen wir uns erstmal das Stethoskop an.
6.1 René Théophile Hyacinthe Laënnec und das Stethoskop
Wobei der Name Stethoskop eigentlich falsch ist. Die Endung -skop kommt vom griechischen σκοπεῖν, also scopein, was Beobachter bedeutet (Mit dem Mikroskop z. B. betrachtet man ja auch das Kleine) und mit den Ohren beobachtet man relativ wenig. Eigentlich müsste es sich um ein Stethophon handeln, aber da in der Zeit seiner Entwicklung die Medizin zum größten Teil aus visuellen Untersuchungen bestand, entwickelte sich dieser eigentlich falsche Name. στῆθος oder stethos bedeutet ganz schnöde Brust, also haben wir hier quasi den Brustbeobachter für die Ohren.
Es gibt mittlerweile drei Arten des Stethoskops. Einmal das akustische Stethoskop, das wir alle von unserem Hausarzt kennen, den Stethoclip, den der Hörgeräteakustiker benutzt und elektronische Stethoskope, die zahlreiche technische Möglichkeit bieten. Wir wollen uns aber mit dem „normalen“ akustischen Stethoskop beschäftigen.
Dieses besteht heute aus dem Bruststück mit der Membran, die die Schallwellen aufnimmt und über einen oder zwei Gummischläuche an die Ohrbügel weitergibt. Im besten Falle befindet sich zwischen den Ohrbügeln ein Gehirn, das die Geräusche gut interpretieren kann.
In der Kardiologie werden oftmals sogenannte Doppelkopfstethoskope benutzt, die – wie der Name schon sagt – neben dem Kopf mit Membran einen weiteren ohne Membran, aber mit einem (Schall-)Trichter haben. Hierdurch können auch leisere Geräusche besser gehört werden. Den Kopf dieses Stethoskops nennt man Doppelkopf-Bruststück.
Erfunden wurde das Stethoskop von René Théophile Hyacinthe Laënnec, einem französischen Mediziner, der am 17. Februar 1781 in Quimper geboren wurde und in Nantes und Paris studierte. Das Stethoskop entwickelte Laënnec 1816. Damals war es noch üblich, dass der Arzt zum Abhören des Herzens oder der Lunge sein Ohr direkt auf den Patienten legte. Dies wollte Laënnec nicht und so benutzte er ein zur Rolle gedrehtes Papier und merkte schnell, dass er hierdurch die Herz- und Lungengeräusche um einiges besser wahrnehmen konnte. Eine oft kolportierte Geschichte erzählt, dass Laënnec mit diesem gedrehten Papier auch den zu engen Kontakt zu einer etwas aufdringlichen Patientin verhindern wollte.
Aus dieser Erfahrung heraus konzipierte Laënnec ein hölzernes „Hörrohr“, welches vom zeitgenössischen Meyers Konversations-Lexikon wie folgt beschrieben wurde: Das Stethoskop ist eine 26-31 cm lange Röhre aus Holz, die unten trichterförmig gestaltet, und an der oben eine runde Scheibe, die so genannte Ohrplatte, gewöhnlich aus Elfenbein, angebracht ist. Das untere Ende von etwa 2,6 – 3,9 cm Durchmesser muss abgerundet sein, damit es beim Aufsetzen auf die Körperhaut nicht schmerzhaft einschneidet. Beim Gebrauch ergreift man das Stethoskop am trichterförmigen Ende, setzt es genau auf die Oberfläche des Körperteils, welcher untersucht werden soll, so dass es rundum fest aufsitzt, und legt dann das Ohr auf die Ohrplatte.[1]
1823 wurde er Professor am Collège de France und im folgenden Jahr Professor der medizinischen Klinik. Laënnec hat neben Leopold Auenbrugger, dem Entdecker der Perkussion, den Grund zu der exakten physikalischen Diagnostik der Krankheiten der Brustorgane gelegt und dadurch die Fortschritte der Medizin auf diesem Gebiet angebahnt. Laënnec starb 1826 im Alter von erst 45 Jahren an Tuberkulose.[2]
Das Abhören des Körpers mit dem Stethoskop nennt man „Auskultation“.
6.2 Das Sphygmomanometer
Das Sphygmomanometer besteht aus fünf Teilen. Einmal ist dies die aufblasbare Armmanschette, die über einen Schlauch mit dem Manometer mit Ablassventil und dem Ball zum Aufblasen verbunden ist. Diese heute gebräuchlichste Form geht direkt auf das von Riva-Rocci erfundene und von Cushing verbesserte Gerät zurück. Mit dem Ball wird die Manschette aufgeblasen und das Manometer misst den entstandenen Druck. Zur Blutdruckmessung wird dieser Druck über das Ablassventil verringert und man kann die Korotkow-Geräusche hören.
Heute sind gerade in Privathaushalten elektronische Blutdruckmessgeräte im Einsatz, bei denen dann Sensoren die Ermittlung des Blutdrucks durch Schwingungen übernehmen. Dies nennt man dann oszillometrische Messung. Je nach Typ werden noch andere Werte wie die Pulsfrequenz ermittelt.
Hier gibt es zwei Grundtypen an Geräten. Einmal kleine Geräte mit relativ schmaler Manschette, die an der Innenseite des Handgelenks angebracht werden und größere Geräte mit „normaler“ Manschette, die wie die manuellen Geräte ebenfalls am Oberarm angebracht werden. Ein kleiner Nachteil der Handgelenksgeräte ist, dass die Ergebnisse abhängig von der relativen Messhöhe sind, es also sehr auf die Armhaltung bei der Messung ankommt. Das Gerät sollte immer auf Herzhöhe gehalten werden, so erhält man solide Werte.
Früher waren noch Sphygmomanometer im Einsatz, die den Blutdruck am Finger ermittelten. Diese verschwanden aber bald wieder vom Markt, da sie recht ungenau waren und die Messergebnisse durch z. B. Durchblutungsstörungen verfälscht wurden.
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[2] ebd.