Kennen Sie SHAEF?

Kennt ihr SHAEF?

Nein, nicht SHAFT, ihr Dussel. Das war die Krimiserie aus den 1970er Jahren mit Richard Roundtree. Ich meine S – H – A – E – F!

Das „Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force“. Also das Oberkommando der Alliierten Expeditionsstreitkräfte. Das ist nämlich der Dauerbrenner bei den Querdenkern, Reichsbürgern und sonstigen Wirrwuzzis.

Schauen wir uns mal die Sache an. Das SHAEF wurde im Dezember 1943 in London eingerichtet durch die Zusammenlegung des „Chief of Staff Supreme Allied Commander (COSSAC)“ und des „Allied Force Headquaters (AFH)“. Chef von’s Ganze war der us-amerikanische General Dwight D. Eisenhower. Nachdem die deutsche Wehrmacht den Zweiten Weltkrieg erfolgreich verloren hatte, übernahm dieses Oberkommando dann die Regierungsgewalt über das, was vom Deutschen Reich übriggeblieben war. Eine lange Regentschaft war SHAEF allerdings nicht beschieden, wurde es doch während der Potsdamer Konferenz, genauer gesagt am 14. Juli 1945, aufgelöst. Die politische Verantwortung ging auf die „Allied Control Commission (ACC)“, also die Alliierte Kontrollkommission über, die wiederum nach Gründung der Bundesrepublik bzw. der DDR ihre Macht auf deren Behörden übergab.

In den noch nicht mal drei Monaten, in denen das SHAEF die Militärregierung stellte, erließ es einen ganzen Sack voll Proklamationen, Verordnungen, Befehlen und Gesetzen. Ist ja klar, gleich im ersten Gesetz wurden die nationalsozialistischen Gesetze aufgehoben. Sonst ging es beispielsweise um die Auflösung der NSDAP, dem Verbot NS-Uniformen zu tragen, Grenzkontrollen, Währungsfragen oder auch die Amtssprache. Die Alliierte Kontrollkommission machte dann ab Juli 1945 heiter weiter und versuchte, den Alltag im besetzten Deutschland wieder zum Laufen zu bringen.

Am 1. Juli 1948 gaben die Westmächte den Ministerpräsidenten ihrer Besatzungszonen den Auftrag, eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen, die am 1. September 1948 in Bonn seine Arbeit aufnahm. Und am 23. Mai 1949 war es dann soweit, dass das Grundgesetz in Kraft trat, woraufhin am 14. August 1949 die erste Bundestagswahl stattfand und sich am 7. September 1949 Bundesrat und Bundestag konstituierten. Damit ging der größte Teil staatlicher Souveränität wieder an die Deutschen zurück. Die Pariser Verträge von 1954 sicherten der Bundesrepublik Deutschland die Souveränität in einem ausgehandelten System von Zusagen und Bindungen zu. Die Alliierte Hohe Kommission und die Dienststellen der Landeskommissare in der Bundesrepublik wurden aufgelöst, das Besatzungsstatut aufgehoben. Deutschlands Souveränität war jedoch erheblichen Einschränkungen unterworfen. Mehrere Artikel der Verträge standen ihr entgegen. (1) Erst mit dem „2+4-Vertrag“erhielt das wiedervereinigte Deutschland seine Souveränität wieder.

Soweit so gut.

Jetzt ist es aber so, dass bei jeder Querdenker-Demo und in jeder Telegram-Gruppe mit einer enormen Vehemenz postuliert wird, dass diese SHAEF-Gesetze noch gelten würden. Und mich interessiert jetzt mal: warum gerade die?

Warum gerade die Gesetze, die in diesen wenigen Wochen erlassen wurden? Oder meinen sie alle Militärgesetze, auch die der Alliierten Kontrollkommission? Wenn sich diese Herrschaften schon darauf berufen, darf man ja schon Wert auf eine gewisse Genauigkeit in der Aussage legen. Und kennen die Herrschaften die „Gesetze zur Aufhebung des Besatzungsrechts“ bzw. das „Gesetz zur Bereinigung des Besatzungsrechtes“ nicht? Und den „Überleitungsvertrag“? Warum behaupten die dann so einen hanebüchenen Unsinn?

Das ist natürlich eine rhetorische Frage. Mir ist bewusst, dass dies aus einer absolut konträren und vor allem hermetisch abgeschotteten Weltsicht kommt, in der es einfach andere Wahrheiten gibt, als die tatsächlichen.

Jedenfalls bleibt festzustellen: Die SHAEF-Gesetze gelten schon seit Mitte/Ende der 1950er Jahre nicht mehr, so sehr die querdenkenden Herrschaften das auch behaupten mögen.

Ein Gedanke zu “Kennen Sie SHAEF?

  1. Ich liebe es, wenn sich mit Fakten und schlüssigen Argumenten gegen offensichtliche Desinformation gestellt und ebendiese auch als solche entlarvt wird. Trotzdem gilt es zu bedenken, dass glücklicherweise jeder in diesem Land denken und sagen kann was er möchte (sofern er sich im Rahmen des Grundgesetzes bewegt). Aufklärung und Bildung sind somit das Gebot der Stunde. Umso trauriger ist es deshalb, dass eine Pandemie nötig war um aufzuzeigen, dass gerade das Thema Bildung und in diesem Zuge auch die Digitalisierung von der Politik in den vergangenen Jahren derartig „versemmelt“ wurde. Wollen wir hoffen, dass es noch nicht zu spät ist und wir die Kurve noch bekommen.

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