Krebs. Das große Schreckgespenst. Viele Menschen sehen in einer Krebsdiagnose noch immer ein Todesurteil und verkennen, dass bei vielen Krebsarten die Medizin große Fortschritte in der Behandlung gemacht hat und so die Fünf-Jahres-Überlebensraten gestiegen sind, wie man beispielsweise HIER nachlesen kann. Allerdings ist dies nicht bei allen Krebsarten so und bei manchen ist die Mortalitätsrate doch noch hoch. Der Operation nachfolgende Strahlen- und/oder Chemotherapien sind durchaus belastend für die Patienten. Ohne irgendetwas zu beschönigen oder überzudramatisieren, das kann eine arge Tortur sein, wie ich bei meinen beiden Elternteilen miterlebt habe.
Und aus einer solchen Gemengelage heraus entscheiden sich noch immer Patienten lieber für eine so genannte „alternativmedizinische“ Behandlung, statt für eine evidenzbasierte. Was bei diesen unkonventionellen Therapieversuchen gleich ist, ist der fehlende Wirksamkeitsnachweis. Die verbreitetsten dieser Behandlungsformen wollen wir uns einmal kurz anschauen, für weiterführende Informationen setze ich immer entsprechende Links am Ende des Abschnittes.
Misteltherapie
Bei der Misteltherapie handelt es sich um einen besonders populären Unsinn in der „alternativen“ Krebsbehandlung. Ausgedacht hat sich dies unser kleiner Lieblingsschwurbler Rudolf Steiner, der sich auch die Anthroposophie und gemeinsam mit der Ärztin Ita Wegmann die anthroposophische Medizin ausgedacht hat. Die Misteltherapie wurde um 1920 von Rudolf Steiner als Krebstherapie erdacht, dem Gründer der Anthroposophischen Lehre. Eine naturwissenschaftliche Grundlage hat die Therapie nicht, sie beruht auf der persönlichen Anschauung Steiners: Die Mistel wächst als Parasit auf anderen Bäumen und gedeiht auf deren Kosten. Er sah darin eine Ähnlichkeit mit dem Wachstum von Tumoren und schlussfolgerte, die Mistel könne bei Krebs helfen. Seine Idee folgte damit dem Ähnlichkeits-Prinzip, auf dem auch die Lehren der Homöopathie fußen.
Die Misteltherapie bei Krebs wurde zwar in einigen Studien untersucht. Diese sind jedoch sehr mangelhaft und kommen zu uneinheitlichen Ergebnissen. Eine Wirksamkeit der Misteltherapie können sie nicht belegen. Zudem besteht der Verdacht, dass Mistelpräparate bei manchen Krebsarten das Tumorwachstum sogar anregen könnten. [Quelle]
Ausführliche Informationen findet ihr bei Medizin transparent, beim Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrum oder bei den Kollegen von Psiram.
Germanische Neue Medizin
Die Germanische Neue Medizin hat der ehemalige Arzt Ryke Geerd Hamer aus dem Hut gezogen. Hauptthese dieser Pseudotherapie ist, dass Krankheiten, insbesondere Krebs, durch ungelöste Konflikte entstehen. Löst man diese Konflikte, wird auch die Krankheit geheilt. Auch der Schmerz, der in der modernen Medizin ja vermieden werden soll, spielt eine besondere Rolle in der „GNM“. Viele Opfer leiden starke Qualen, bis sie unter diesen dann elendiglich verrecken. Weiterhin umfasst starke antisemitische und rechtsextreme Elemente. In den letzten Jahren wurde zu vermeintlich therapeutischen Zwecken von Hamer das endlose Abspielen eines selbst komponierten Musikstücks vermehrt propagiert. Es handelt sich dabei um eine volksmusikähnliche Komposition aus dem Jahre 1976 mit dem Titel „Mein Studentenmädchen“, bezogen auf seine verstorbene Ehefrau. Laut Hamer handele es sich um eine magische Melodie, die er als heilig und heilend ansieht. Das Musikstück, das von Hamer als „archaische Urmelodie“ bezeichnet wird, kursiert als Download bei diversen Webseiten der Anhängerschaft von Hamer und ist auch in verschiedenen Versionen (darunter von Hamer selbst gesungen) bei Youtube zu finden. Wie bei anderen Themen auch, erfand Hamer zu dem Lied eine passende Verschwörungstheorie. [Quelle]
Was allerdings der ganzen Sache fehlt sind wissenschaftliche Belege oder Therapieerfolge. Auch hier handelt es sich um eine Pseudotherapie.
Ausführliche Informationen erhaltet ihr hierüber bei den Kollegen von Psiram.
Krebsdiäten
Diäten, die den Krebs „aushungern“ sollen, gibt es wie Sand am Meer, von der Gerson-Therapie über Rohkost hin zu Basischer Ernährung, Makrobiotik oder der Breuß-Krebsdiät. Allen ist gleich, dass die Wirksamkeit nie nachgewiesen werden konnte und sie den durch die Krankheit bereits geschwächten Körper noch mehr schwächen.
Kolloidales Silber
Bei koloidalem Silber handelt es sich um eine Silber-Dispersion, von denen die „Alternativmedizin“ behauptet, dass sie gegen alle möglichen Krankheiten, und natürlich auch gegen Krebs, helfen soll. Nun ist die Sache aber die, dass gelöstes Silber für den menschlichen Körper absolut nutzlos ist. Im Gegenteil, trinkt man diesen Unsinn, wird nur ein Teil davon ausgeschieden, der Rest lagert sich im Körper ab. Trinkt man genug, wird man blau wie ein Schlumpf.
Medizin transparent urteilt folgendermaßen über kolloidalem Silber in der Krebsbehandlung: Wir fanden keine einzige Studie, die das untersucht hat. Behauptungen, die sich an Betroffene mit Krebserkrankungen richten und kolloidales Silber als mögliches Heilmittel anpreisen, sind aus der Luft gegriffen.
Ausführliche Informationen wieder bei Psiram und Medizin transparent.
Therapeutic Touch
Therapeutic Touch ist das, was man früher als Handauflegen kannte. Die Grundlage ist die Überzeugung, dass der Mensch ein eigenes Energiefeld, eine Aura hätte. Therapeutic Touch ist eine häufig wissenschaftlich untersuchte alternative Behandlungsmethode. Eine Wirksamkeit konnte bei diesen Untersuchungen nicht festgestellt werden. TT-Behandler konnten ihre angebliche, für die Behandlung grundlegende Fähigkeit, das Energiefeld eines Menschen wahrzunehmen, unter kontrollierten Bedingungen nicht demonstrieren.
Ausführliche Informationen wieder bei Psiram und Wikipedia.
Über Schwarze Salbe habe ich ja bereits HIER geschrieben.
Die Kollegen von Psiram haben dutzende von solchen „unkonventionellen“ Therapien gesammelt. Wenn ihr euch die volle Dröhnung geben wollt, dann schaut HIER vorbei.
Aber warum sind derartige Therapien so attraktiv? Warum fallen soviele Menschen darauf rein?
Nun, wie zu Anfang des Artikels schon beschrieben ist eine Krebserkrankung heutzutage kein festgeschriebenes Todesurteil mehr, aber auch wenn – bei einzelnen Krebsarten – hohe Überlebenschancen möglich sind, ist der Behandlungsweg kein Spaziergang. Da können die Versprechungen von Natürlichkeit und Sanftheit, die von den „Alternativmedizinern“ immer wieder angeführt werden, schon verlockend sein. Dass es den meisten dieser Scharlatane nur um die teilweise absurd hohen Rechnungen geht, die sie ausstellen können.
Nun könnte man ja sagen, „Was soll’s?“ außer Geld verlieren die Patienten ja nichts. Doch! Die Patienten verlieren ihren größten Schatz: Zeit. Sie verlieren die Zeit, die man für eine ordentliche, evidenzbasierte Behandlung braucht. Oftmals begeben sich die Patienten nach einem langen, alternativmedizinischen Leidensweg, in einem hoffnungslosen Stadium, doch noch in medizinische Behandlung, die dann oft auch nichts mehr retten kann. Die Menschen, die ihren Reibach mit diesen Pseudotherapien begehen, stehlen den Patienten Zeit, Hoffnung und Chancen und das ist das verwerfliche daran.
D’accord.
Ich bin sonst kein Kommentarschreiber, aber hier lasse ich mal was zurück.
Ich habe das oben beschriebene vor mittlerweile mehr als dreißig Jahren selbst mitmachen müssen. Und wenn es auch „nur“ ein Hodgkin-Lymphom war, das schon damals relativ gut behandel- und, falls frühzeitig behandelt, auch meist heilbar war, so waren eine sechsstündige OP mit Öffnung des Brustkorbs und sechs Monate Chemotherapie mit der ganzen Bandbreite hässlicher Nebenwirkungen wahrlich „kein Spaziergang“. (Komisch, genau diese Formulierung hatte auch mein Onkologe benutzt…) ABER: Damals war ich Anfang Zwanzig, heute fast Ende Fünfzig. Mir ist noch ein ganzes Leben geschenkt worden! Ich hatte einen hervorragenden Hausarzt, der gemerkt hatte, dass ein Husten nicht zu lange andauern darf und der auf einem Röntgenbild gesehen hat, was da nicht hingehörte. Ich hatte einen hervorragenden und sehr einfühlsamen Onkologen. Meine Familie, die mich stützte. Und viele, viele klasse Leute, die auf ihre Weise ihren Teil zu meiner Heilung beigetragen haben.
Wie gesagt, eine Krebstherapie ist wahrlich kein Vergnügen. Aber damit eins ganz klar ist: Werdet Ihr mit einer Krebsdiagnose konfrontiert – und statistisch wird dies einem erheblichen Teil von Euch passieren – , dann gibt es zu ihr keine Alternative. Keine. Krebs ist heute nicht mehr unbedingt ein Todesurteil. Krebs ist aber IMMER eine unmittelbar lebensbedrohliche Krankheit. Unbehandelt führt Krebs, und ja, auch das Hodgkin-Lymphom, IMMER, von den extremst (der Superlativ ist hier angebracht) seltenen Spontanheilungen abgesehen, zum Tode. Und mit „unbehandelt“ meine ich nicht nur „gar nicht behandelt“, sondern auch „falsch behandelt“, „mit Bullshit behandelt“ und auch „viel zu spät behandelt, weil ich erst beim Handaufleger war“.
Wenn Ihr eine Krebsdiagnose bekommt, ist das nicht notwendigerweise Euer sicheres Ende, heutzutage beileibe nicht. Aber jetzt tickt die Uhr. Und zwar gegen Euch. Also dürft Ihr keine Zeit verplempern.
Ihr braucht jetzt keine Heilsteine. Keine Globuli. Keine seltsamen Diäten. Keine Orgonakkumulatoren. Keine Gewissensbisse ob falscher Gedanken, „die zum Krebs führen“. Keine Studentenmädchenlieder oder „Heilströme“ von längst verstorbenen Strumapatienten. Die Krankheit ist kein „Weg“, sondern eine Bedrohung, und der müsst Ihr begegnen.
Was Ihr jetzt braucht, ist die volle Feuerkraft der modernen Medizin. Und die ist zwar nicht unbesiegbar, hat aber ein ganzes Arsenal wirksamer Therapien. Und es werden täglich mehr. Die vorhandenen Therapien werden verbessert, wirksame durch noch wirksamere ersetzt.
Geht also im Fall des Krebsfalles zur Onkologin oder zum Onkologen. Geht nicht zum Quacksalber. Geht nicht zum Schwurbler. Auch nicht
zum schwäbelnden Schwurbler (s. Videoreihe von Dr. Hegedüs zum Thema).
Damit es erst gar nicht zum Äußersten kommt: Geht außerdem regelmäßig zur Krebsvorsorge. Ab 45 sollte das Ehrensache sein – zahlt auch in der Regel die Kasse. Nicht schlören lassen! Auffällige Hautstellen abklären. Magen, Darm spiegeln lassen. Brust abtasten
lassen, und zwar Frauen wie Männer, denn letztere können auch Brustkrebs bekommen, wenn auch viel, viel seltener. Für die Männer: Die Prostata untersuchen lassen. Und so weiter. Eure Hausärztin / euer Hausarzt berät Euch gern. Und wenn nicht, solltet Ihr spätestens
jetzt wechseln.
LG, bleibt gesund.
Vielen Dank für Deine eindringlichen Worte. Wie Du sagst, eine Krebsbehandlung ist kein Spaziergang, aber sie ist immerhin das beste Mittel zum Überleben, das wir haben.
Und ja: GEHT ZUR KREBSVORSORGE!