Da waren’s nur noch fünf…

Vor einer Woche ging es durch alle Medien: die Landesärztekammer Bayern hat die „Zusatzbezeichnung Homöopathie“ aus ihrer Weiterbildungsordnung gestrichen. Und das hat durchaus eine gewisse Signalwirkung, war es doch die LÄK Bayern, die 1958 als erste diese Zusatzbezeichnung einführte. Nun sind es deutschlandweit nur noch die Landesärztekammern von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Thüringen und Westfalen-Lippe, die an diesem medizinischen Anachronismus festhalten.

Bei dieser Zusatzbezeichnung handelt es sich um eine der drei Qualifikationsebenen in der ärztlichen Weiterbildung. Die wichtigste hiervon ist sicherlich die Facharztausbildung, dann gibt es noch „Schwerpunkte“, die innerhalb eines Fachgebietes erworben werden können. Bei den Zusatzbezeichnungen kann eine Facharztausbildung im Vorfeld notwendig sein, muss aber nicht, das kommt auf die jeweilige Bezeichnung an. Hierzu heißt es im Falle der Homöopathie in der Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer: Die Zusatz-Weiterbildung Homöopathie umfasst in Ergänzung zu einer
Facharztkompetenz die konservative Behandlung mit homöopathischen Arzneimitteln, die aufgrund individueller Krankheitszeichen als Einzelmittel nach dem Ähnlichkeitsprinzip angewendet werden.

Durch diese Zusatzbezeichnung erhielt die Homöopathie natürlich den Hauch der Wissenschaftlichkeit, was kein unwesentlicher Teil des Selbstverständnisses der Homöopathen war. Konnten sie bisher bei Kritik doch immer hierauf berufen. Wer will schon die Landes- bzw. Bundesärztekammer kritisieren.

Natürlich waren die Herrschaften des Landesverbandes Bayern der Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte not amused, wie der Bayerische Rundfunk berichtet: Der bayerische Landesvorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte, der Münchner Internist Ulf Riker, bedauerte das Abstimmungsergebnis. Die Entscheidung habe einen schwerwiegenden Geburtsfehler, kritisierte Riker. Bürgerinnen und Bürger hätten bei der Entscheidungsfindung der Ärztekammer keine Möglichkeit gehabt, sich Gehör zu verschaffen, wie sie bei einer Krankheit behandelt werden möchten. “Auch homöopathisch tätige Ärzte kamen nur ausnahmsweise zu Wort”, erklärte Riker. Die Abstimmung des Ärztetages sei als formal demokratische Entscheidung zwar zu respektieren, sagte Riker. Er fügte gleichzeitig aber hinzu: “Wir werden rechtliche Schritte sehr ernsthaft prüfen“. Nun, diesen rechtlichen Schritten kann man sicherlich gelassen entgegensehen, wurde dies doch bereits in Bremen und Brandenburg erfolglos versucht. Aber der Aufbau einer solchen Drohkulisse dient sicherlich hauptsächlich der eigenen Psychohygiene, vergleichbar mit dem Pfeifen im dunklen Keller.

Recht amüsant fand ich den Hinweis des Zentralvereins auf das eigene Jodeldi… äääh „Diplom Homöopathie“: “Nach Angaben des Zentralvereins homöopathischer Ärzte können Mediziner auch nach der Streichung der Homöopathie aus der Weiterbildungsordnung ein Diplom des Verbandes erwerben, wenn sie entsprechende Fortbildungen absolvieren. Damit können sie auch in Zukunft etwa an Sonderverträgen zur homöopathischen Behandlung teilnehmen, die der Verband mit rund 90 gesetzlichen Krankenkassen ausgehandelt hat.”

Ja, sowas gibt es. Es wird vom Zentralverein nach einer Ausbildung verliehen und hat als einzige Relevanz, dass der jeweilige Absolvent noch an Sonderverträgen der Krankenkassen teilnehmen kann. In §1 der „Qualitätsrichtlinie zum Homöopathie-Diplom“ heißt es:

§ 1 Ausbildungsanerkennung des DZVhÄ
(1) Im Auftrag des DZVhÄ erkennt der zuständige Landesverband des DZVhÄ mit dem Homöopathie-Diplom die fundierte und praxisorientierte ärztliche Aus-, Weiter- und Fortbildung des Antragstellers in dem Bereich der Homöopathie nach Maßgabe dieser Qualitätsrichtlinie an.
(2) Das Homöopathie-Diplom entspricht nicht der Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ nach der (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO) der Bundesärztekammer bzw. einer der Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern und stellt auch keine andere Weiterbildungsbezeichnung nach dieser/n dar. Ein Erlöschen des Homöopathie-Diploms führt auch nicht zum Entzug der Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ nach der Weiterbildungsordnung der jeweils zuständigen Ärztekammer.
(3) Bei dem Homöopathie-Diplom handelt es sich nicht um einen akademischen Grad. Es kann weder als solcher noch wie ein solcher von seinem Inhaber geführt werden.

Natürlich kostet der Erwerb dieses Diploms ein paar Mark fuffzich. Ein Schelm, wer da die Dollarzeichen in den Augen des Zentralvereins sieht.

Es bleibt zu hoffen, dass auch noch die restlichen fünf Landesärztekammern den medizinischen Unfug der Homöopathie aus ihren Weiterbildungsordnung fegen. Und sich die Bundesärztekammer anschließt und diese unsägliche Zusatzbezeichnung aus ihrer Musterweiterbildungsordnung schmeißt.

Ein Gedanke zu “Da waren’s nur noch fünf…

  1. steter Tropfen höhlt den Stein… Solange Leute bedröppelt gucken, wenn ich sag, Homöopathie ist Humbug, und glühende Artikel über tolle Tierärzte erscheinen, die armen Kühen Globuli als sanfte Alternative zu pösen Antibiotika verschreiben, braucht es immer wieder Hinweise und Fakten, dass das nich viel ist, außer Schwingungen und Milchzucker… Danke für die schönen Texte

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