Der Tod ist ebenso wie die Geburt, ein Geheimnis der Natur

Ist ein Papst verstorben, ist es die Aufgabe des Camerlengo (Kadinalkämmerer der Heiligen Römischen Kirche) dessen Tod festzustellen. Hierzu gibt es – wie überall in der römischen Kirche – ein eigenes Ritual. Dieses beginnt damit, dass der Camerlengo mit einer Eskorte der Schweizer Garde, die mit Hellebarden bewaffnet ist, das Schlafzimmer des Papstes betritt. Hierbei wird er durch den Zeremoniär, den Prälaten, dem Sekretär und dem Kanzler der Apostolischen Kammer begleitet. Bis vor drei Päpsten war es dann üblich, dass der Camerlengo ein silbernes Hämmerchen zur Hand nimmt, den Papst dreimal auf die Stirn schlägt und ihn in lateinischer Sprache bei seinem Taufnahmen ruft und ihn fragt, ob er schläft. Dies wurde zuletzt bei Johannes Paul I. so gehandhabt. Heute genügt die Sichtprüfung. Nun ist meine geneigte Leserschaft sicherlich mit mir einer Meinung, dass beide Methoden nicht gerade ein Ausbund von Zuverlässigkeit sind. Die moderne Medizin kennt hier durchaus bessere Alternativen.

Hier wird zwischen sicheren und unsicheren Todeszeichen unterschieden. Beginnen wir bei den sicheren Todeszeichen, wobei wiederum zwischen frühen und späten Veränderungen nach Eintritt des Todes unterschieden wird.

Die frühen Veränderungen sind der Hirntod, die Totenflecken, die Totenstarre und die mit dem Leben nicht zu vereinbaren Verletzungen, wobei beispielsweise ein abgetrennter Kopf das wohl sicherste Todeszeichen sein dürfte.

Der Hirntod ist besonders im Rahmen der Transplantationsmedizin wichtig. Das Transplantationsgesetz schreibt die Feststellung des Hirntodes vor der Organentnahme vor. Mit Hirntod wird das irreversible Ende aller Hirnfunktionen bei vorhandener Kreislaufaktivität und künstlich aufrechterhaltener Atmung aufgrund von weiträumig abgestorbener Nervenzellen bezeichnet.

Klinische Kriterien des Hirntodes sind der Verlust des Bewusstseins, der Verlust der Spontanatmung sowie eine Areflexie des Hirnstamms. Symptome des Letztgenannten sind unter anderem geweitete und lichtstarre Pupillen, ein fehlender Lidschlussreflex, ein fehlender Schluck- und Hustenreflex, das sogenannte Puppenkopfphänomen oder eine fehlende Schmerzreaktion im Trigenimusbereich.

Zur apperativen Diagnostik gehört unter anderem ein Null-Linien-EEG oder ein Kreislaufstopp in den Hirnschlagadern, der durch eine Angiografie oder eine Doppler-Sonografie festgestellt wird.

Die Totenflecken oder Livor mortis treten etwa 20 bis 60 Minuten nach dem Eintritt des Todes auf. Durch die Schwerkraft sinken die Körpferflüssigkeiten innerhalb der Gefäße einer Leiche ab, wodurch diese fleckigen Verfärbungen am tiefsten Punkt des Toten entstehen. Bei bestimmten Todesarten kann es auch zu so genannten Totenfleckblutungen oder Vibices kommen. Dies sind Blutaustritte durch kleine Verletzungen der Haut.

Das bekannteste Todeszeichen dürfte wohl die Totenstarre oder Rigor mortis sein. Diese Erstarrung der Muskulatur tritt etwa ein bis zwei Stunden nach dem Tode ein und beginnt an den Augenlidern und Kiefer, setzt sich über den Nacken fort und schreitet dann über obere und untere Extremitäten fort. Dies wird durch die sog. Nysten’sche Regel (nach dem französischen Kinderarzt Pierre-Hubert Nysten) beschrieben. Nach sechs bis zwölf Stunden ist die Totenstarre dann voll ausgeprägt.

Verursacht wird die Starre durch die Bindung von Myosin an den Aktinfasern: Nach dem Einsetzen des Todes wird ATP aus ADP nicht mehr regeneriert. Ionenpumpen stellen daher ihre Tätigkeit ein. Innerhalb der Muskelzellen halten die Ionenpumpen die Calciumkonzentration im Cytoplasma gering. Nach dem Tod diffundieren Calciumionen aus dem Sarkoplasmatischen Retikulum in das Cytoplasma, was schließlich zur Bindung des Myosins an die Aktinfilamente führt, da die Calciumionen die isolierende Wirkung des Troponins aufheben. Die Bindung wird wegen der Abwesenheit von ATP nicht mehr aufgehoben, der Muskel erstarrt.

Bei den späten Veränderungen handelt es sich um die Leichenfäulnis, den Verwesungsprozess, die Besiedlung des Körpers durch Insekten, Leichenfraß, die Bildung von Leichenwachs (Adipocire) und die Mumifizierung des Körpers.

Die unsicheren Todeszeichen treten zwar zwingend nach dem Tode auf, können aber durchaus auch an Lebenden festgestellt werden. Dies wären die fehlende Atmung und/oder fehlender Puls, Bewusstlosigkeit, der Algor mortis, also die Totenkälte, die Leichenblässe oder Pallor mortis, eine Trübung der Hornhaut, die Lähmung aller Muskeln inklusive fehlender Pupillenreflexen oder ein Null-Linien-EEG.

Die Totenkälte oder Algor mortis ist das post mortale Absinken der Körpertemperatur, die durch das Fehlen der wärmeerzeugenden oxidativen Stoffwechselvorgänge im Körper bedingt sind. Dieses Todeszeichen hängt von einigen äußeren Faktoren wie Umgebungstemperatur oder Luftzirkulation ab.

Die Leichenblässe oder Pallor mortis ist das früheste Anzeichen des Todes und setzt direkt post mortem ein und ist nach ca. 30 Minuten abgeschlossen. Durch die fehlende Zirkulation wird die Haut nicht mehr durchblutet und so erblasst die Leiche.

Die zeitliche Reihenfolge der Todeszeichen ist Leichenblässe, Totenkälte, Totenstarre, Leichenflecken, Verwesung und Skelettierung.

Natürlich kann dieser kleine Artikel nur einen ungenügenden Einblick in die post mortalen Vorgänge innerhalb des Körpers geben. Eine fundierte Kurzeinführung findet die geneigte Leserschaft beispielsweise in einem hier zu findenden Skript des Instituts für Rechtsmedizin der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

 

Titel: Der Tod ist ebenso, wie die Geburt, ein Geheimnis der Natur, hier Verbindung, dort Auflösung derselben Grundstoffe. – Marc Aurel, Selbstbetrachtungen IV, 5
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