Es ist was faul, im deutschen Gesundheitswesen! Könnte man mit Hamlet sagen, wenn das nicht so ausgelutscht wäre. Das wissen wir natürlich schon. Die Erstattung der Kassen von Homöopathie oder die Unfähigkeit (oder der Unwillen) der Politik, das Heilpraktikerunwesen gründlich zu reformieren sind nur zwei Beispiele. Da gibt es tatsächlich Menschen, die einen Verein gründen, diesen „Homöopathen ohne Grenzen“ gründen und dann noch mitten ins Ausbruchsgebiet von Ebola reisen, um den Kranken dort unten ihre Zuckerkügelchen aufzudrängen. Ja, richtig habt ihr gehört. Globuli gegen Ebola. Ein hahnemannischer ääääh… hanebüchener Blödsinn.
Aber jetzt haben es einige Homöopathen ja noch besser, sie müssen jetzt gar nicht mehr in irgendwelche fremden Länder reisen, um ihren Blödsinn unters Volk zu bringen. Warum? Nun, die Bundesrepublik nimmt seit einigen Jahren ja bekanntlich zahlreiche Flüchtlinge aus den Krisen- und Kriegsgebieten des Nahen Ostens auf. Die meisten dieser Menschen sind unter Gefahr für Leib und Leben aus ihrer Heimat geflohen, haben teilweise vor ihren Augen ihre Angehörigen auf dieser Flucht verloren oder erlebten andere dramatische Erlebnisse. Dass ein guter Teil dieser Flüchtlinge traumatisiert bei uns ankommen liegt von daher in der Natur der Sache. Genauso natürlich ist es, dass wir uns um diese Menschen kümmern müssen.
Wäre einfach, oder? Wenn da nicht unsere Politik wäre, die schon seit Jahren versäumt hat, eine ausreichende und flächendeckende psychotherapeutische Versorgung der Bevölkerung einzurichten. Nur haben wir die nicht und die Therapeuten, die vorhanden sind, sind heillos überrannt (nur als Fakt am Rande: hier bei uns in der Provinz wartet man 6-8 Monate auf einen Termin für eine Psychotherapie, wenn man überhaupt einen Therapeuten findet, der noch neue Patienten annimmt). Und dass beispielsweise die Bundeswehr fleißig ihre Leute in der Welt rumschickt ohne die Heimkehrer dann adäquat psychologisch betreuen zu können, kommt auch noch dazu.
So weit so ungut. Was passiert nun aber jetzt? Nun kommen die Homöopathen wie so kleine Schachtelteufel aus der Versenkung gesprungen und fangen an, an diesen schwer traumatisierten herumzumurkeln. Ja, ehrlich, wenn ich es euch doch sage. Könnt ihr HIER nachlesen. Bei der Welt, die hat zuletzt drüber berichtet. Da stellt sich tatsächlich so eine Homöopathin hin und verkündet, was sie und ihre Compagnons doch sind, weil sie schwerst traumatisierte Menschen mit Zuckerkügelchen abspeisen. Natürlich wurde auch wieder ein eigener Verein dafür gegründet.
Kann man sich da nicht darüber aufregen? Natürlich kann man jetzt sagen „Ist ja besser als nix!“ Aber das ist ein Fehlschluss, wie die Welt so schön ausführt: Die Erfolgsgeschichten von Regina Mössner sieht Thomas Elbert skeptisch. Er kann sich zwar vorstellen, dass es den Flüchtlingen mit der Homöopathie erst einmal vermeintlich besser geht, weil sie zunächst die Hoffnung hätten, dass ihre Leiden verschwinden. „Wochen oder Monate später wird man aber feststellen, dass es ihnen noch immer schlecht geht“, so der Psychologe. Im besten Fall wirke die Behandlung einfach nicht. Im schlimmsten Fall gäben die Flüchtlinge danach auf.
Und das ist das Schlimme an dieser ganzen Sache: Diese vermeintlichen Helfer machen den Flüchtlingen Hoffnung. Eine Hoffnung, die schon bald stirbt. Über so einen grenzenlosen Zynismus kann ich nur den Kopf schütteln. Ich jedenfalls schon. Vor allem wird bei der Mitarbeit in diesem Projekt noch nicht einmal eine psychotherapeutische Ausbildung gefordert. Könnt ihr euch das Vorstellen. Auf der Seite des Vereins sind (heute, 25. April 2018) folgende Voraussetzunge zur Mitarbeit in diesem Projekt zu erfüllen:
Für die Mitarbeit als HomöopathIn ist es wichtig, dass Sie folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Klassische Homöopathie als Schwerpunkt in Ihrer Praxis
- fünf Jahre Praxiserfahrung
- Anerkennung der Ethikrichtlinien
Ausbildung in Psychotherapie? Nein! Erfahrung in Psychologie? Auch nicht!
Wenigstens bietet der Verein Weiterbildungen an. Auf der Homepage heißt es dazu:
Die teils schwere Traumatisierung der Geflüchteten und die kulturellen Unterschiede sind eine besondere Herausforderung an die behandelnden KollegInnen und Kollegen. Um Ihnen darin die größtmögliche Unterstützung zu geben, haben wir bundesweit verschiedene Seminare organisiert und werden dies auch weiterhin tun:
- Zum Thema Psychotraumatologie: Dabei geht es um Fragen wie: Woran erkennen wir, wann wir mit dem Nachfragen der Ursachen vorsichtig sein müssen? Wie können wir mit dissoziativen Zuständen durch Flashbacks umgehen? Wie erkenne ich meine eigenen Reaktionen aufgrund persönlicher Wunden? Wie kann ich mich selbst schützen?
- Zum Thema interkulturelle Kompetenz: hier geht es um die Auseinandersetzung mit der eigenen und fremden Kulturen – eine wichtige Voraussetzung zur Arbeit mit den Geflüchteten. Wo haben wir andere Selbstverständlichkeiten und Überzeugungen, andere Tabus und Erwartungen? Können wir das von den Patienten Gesagte richtig deuten und in unsere homöopathische Analyse einbeziehen? Welche Konsequenzen können oder müssen daraus für die Behandlung gezogen werden?*
Tja, das hört sich für mich ganz subjektiv eher danach an, dass der Fokus darin liegt, wie sich die Homöopathen selbst schützen können. Aber gut, in dubio pro reo, wie es so schön heißt. Vielleicht ist das auf der Homepage nur etwas missverständlich ausgedrückt und der Fokus liegt tatsächlich um Wissensvermittlung im Bereich der Psychotraumatologie.
Aber mal ehrlich. Kann eine noch so gute Weiterbildung eine fundierte Ausbildung ersetzen? Ich glaube nicht.
Leute, Leute, Leute, ich muss jetzt aufhören, mich damit zu beschäftigen, sonst kriege ich noch ein Schleudertrauma vom vielen Kopfschütteln. Soviel Zynismus kann ich nur schwer ertragen.
Zum Weiterlesen hier mal ein paar Links:
Informationsnetzwerk Homöopathie
GWUP Blog: Propaganda statt wirksamer Medizin
GWUP Blog: Homöopathen ohne Grenzen machen jetzt in Flüchtlingshilfe
*Nein, die Seite verlinke ich nicht, ich will diesem Verein keinen Traffic bescheren. Natürlich habe ich sämtliche Seiten als PDF gesichert.
Ein Gedanke zu “Warum Homöopathie bei PTBS der falsche Weg ist oder: Der Onkel regt sich auf!”
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