Ich habe ja schon viel an Schmarrn gelesen. Echt. Wirklich. Könnt ihr mir glauben. Aber manchmal sitze selbst ich hier an meinem PC und denke mir „Alter Verwalter, dat jibbet doch garnich…“. So zum Beispiel heute, als dat Susannken, wat keine Globuli braucht, eine Anzeige geteilt hat, in der eine Bach-Blütenmischen gegen Mobbing in der Schule angepriesen wird.
Mobbing ist ein ernstes Thema, mit dem man kein Schindluder treiben sollte. Dies hat der Anbieter dieser Mischung allerdings geflissentlich ignoriert und propagiert, dass seine Tröpfchen (was sich hinter den Bach-Blüten versteckt könnt ihr hier, hier und hier nachlesen) dafür helfen sollen – Das Selbstwertgefühl zu vergrößern, – Sich nicht mehr wegen sich selbst zu schämen, – Nach wie vor Kontakte mit den Freunden zu knüpfen, – Eine positive Einstellung zu haben.
Schon wo ich das hier tippe könnte ich aufplatzen wie eine Bockwurscht in zu heißem Wasser. Hier wird suggeriert, dass die Opfer selbst die Schuld tragen. Das Kind hat einfach keine positive Einstellung, zu wenig Selbstwertgefühl und schämt sich für sich selbst, wie können die anderen Kinder dann auch anders, als es zu mobben? Aber das ist ja alles kein Problem, einfach ein paar obskure Tröppken genommen und schon ist alles wieder easy – Heya! Die Welt kann so einfach sein!
Außerdem werden hierdurch die Kinder zum Medikamentenkonsum konditioniert. Es wird der Eindruck erweckt, dass es für jedes noch so heftige Problem eine Pille gibt (ja, in dem Fall Tropfen, aber ihr wisst, was ich meine). Aber mal ehrlich. Wie sollen denn irgendwelche Tröpfchen einem gemobbten Kind helfen, sein Selbstwertgefühl zu stärken oder eine positive Einstellung zu haben? Dies kann doch nur durch die liebevolle Unterstützung der Eltern oder fachlich kompetente Erzieher geschehn. Man muss mit dem Kind reden, seine Sorgen und Ängste ernst nehmen und ihm aktiv helfen, diese Lage zu verkraften. Mobbing ist schon für Erwachsene so schlimm, wie muss es dann erst für Kinder sein?
Dr. Peter Teuschel, ein Münchner Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie hat in seinem hervorragenden Blog „Schräglage“ einen Artikel zu eben diesen Bachblüten gegen Schulmobbing veröffentlicht. Darin schreibt er: Die beabsichtigten Wirkungen (Selbstwertgefühl stärken, Kontakt mit Freunden halten, sich nicht schämen) können weder durch Einnahme von Bachblüten noch durch sonst irgend eine von außen zugeführte Substanz erzielt werden! Sollte sich der Kinderpsychiater entscheiden, dem Kind z.B. medikamentös unter die Arme zu greifen, so dient dies dem Schutz der Psyche des Kindes und bekämpft Depression und Angst. Alle anderen Ziele wie Selbstwertgefühl etc. müssen durch sinnvolle Gespräche und fördernde Unterstützung erreicht werden.
Besonders entlarvend ist ja die Idee, diese Tropfen könnten dazu beitragen, „eine positive Einstellung“ zu haben. Wie soll ein gemobbtes Kind das schaffen? Das ist übles Blabla. Mobbing zu überstehen ist ein Kampf und kann, wenn dieser erfolgreich ist, über die positive Erfahrung zu einer besseren Selbstwahrnehmung (und einer besseren Wahrnehmung der unterstützenden Handelnden, z.B. der Eltern) führen. Aber wer, um alles in der Welt, wird sein Kind unterstützen, indem er ihm diese sinnlosen Tropfen verabreicht?
Den gesamten hoch interessanten Beitrag findet ihr hier.
Soll ich euch noch verraten, was eine Flasche dieser Anti-Mobbing-Tröpfchen kostet? Schlappe 39.– € für 50ml. Das ist der Hohn in Tüten!
Übrigens, schaut man sich das Angebot dese Anbieters an, ist dieser anscheinend tatsächlich der Meinung, dass jedes Problem mit einer „Bachblüten-Mischung“ erledigt werden kann. Auf seiner Seite findet man Mischungen für Scheidungskinder, bei Liebeskummer, gegen Spielsucht, für mehr Spaß im Bett, beim Tod eines geliebten Menschen und darüber hinaus noch für Katze, Hund und Pferd. Man weiß gar nicht, was man bei soviel Bullshit sagen soll…
Ein Gedanke zu “Bach-Blüten gegen Mobbing?”
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