Erlebnisse in der Apotheke

Ich habe heute zu viel Kaffee getrunken. Außerdem war er zu stark und jetzt fühlt sich mein Magen an wie einer dieser Säureseen, die man normalerweise nur von Hieronymus Bosch-Gemälden kennt, in dem arme Sünder von abstrusen Figuren untergetaucht werden. Gibt es in Dantes Göttlicher Komödie eigentlich einen Höllenkreis, in dem die Seelen mit Sodbrennen gemartert werden? Ich weiß es nicht, jedenfalls ist das aktuell mein Problem. „Ha!“ Denke ich mir in meiner grandiosen Einfalt „gehst in die Apotheke, holst Dir was dagegen.”

Also in der Mittagspause zur Apotheke. Was ich nicht bedachte war, dass heute Mittwoch ist und jeden Mittwoch ist hier Wochenmarkt in der Provinz. Da wird unser Marktplatz und die angrenzenden Areale von komischen Menschen bevölkert, die aus allen Provinzen des Reiches herbeiströmen. Also quasi aus der Provinz-Provinz.

Nachdem man also nach einer Runde Rentner-Slalom in der Apotheke angekommen ist, warte ich erstmal, weil eine ältere Dame der freundlichen PTA ja erstmal erklären muss, dass ihr Mann jetzt nicht mehr ganz dicht ist und immer nachtröpfelt. Die angebotenen Medikamente, die helfen würden, lehnt sie ab. Da muss ihr Mann halt einfach zweimal die Woche die Unterwäsche wechseln, statt einmal. Schön, dass wir das auch wissen, aber warum teilt sie das mit? Man weiß es nicht. Man will es nicht wissen.

Na gut, ich bin der nächste, die nette PTA fragt, was sie wohl für mich tun könne, aber ich befürchte, dass sie mir auch keine Waffen aushändigen kann. Also will ich ihr gerade meinen Wunsch nach Magensäureblockern offenbaren, da passiert es. Ein Schlag und ein stechender Schmerz in der gesamten Wade, dass ich auf dem Verkaufstresen liege.

Von hinten blökt eine Stimme, die wie rostige Nägel in einem Metalleimer klingt „Meine Thrombosestrümpfe brauche ich jetzt!“ Und das Ganze in einer Lautstärke, in der sonst nur die Polizei den Einsatz des Wasserwerfers ankündigt. Die PTA verdreht die Augen und seufzt. „Frau K… Der Onkel war vor ihnen da, warten sie doch bitte einen Moment.“ Die Antwort kommt prompt und gebellt „NEIN!“ Die Taktik von Frau K. ist eigentlich ganz gut, mit massiver körperlicher Gewalt macht sie sich Bahn und schreit jede Spur des Widerstandes einfach nieder. Der starke Schmerz kam übrigens von der Metallspitze von Frau Ks Regenschirm, der zusammengerollt auf der untersten Ablagefläche ihres Rollators lag.

„Ist schon gut, Frau PTA, nehmen sie die Dame ruhig dran, noch so einen Schlag verkraftet mein Bein nicht und ich will kein Holzbein, wie Kapitän Ahab auf der Pequod“ sage ich. Aber da schreit Frau K. schon wieder: „DAS IST EINE UNVERSCHÄMTHEIT! DAS STIMMT NICHT! ICH WAR VOR IHNEN DA!“ Darauf die PTA: „Nein, nein, der Onkel war wirklich vor ihnen da“ Frau K.: „ABER NICHT IM LEBEN, DA WAR ICH VORHER DA!“

Und ob dieser Argumentation bediente ich mich der nächsten Säule und schlug meinen Kopf so lange dagegen, bis ich nichts mehr spürte.

Beitragsbild: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=89134

4 Gedanken zu “Erlebnisse in der Apotheke

  1. Mein Tip: Das gute alte Bullrich-Salz, gibt es in fast jeder Drogerie und inzwischen sogar zu Tabletten gepreßt, zur leichteren Mitnahme in kleinen Röhrchen, die auch gleich mitgeliefert werden… 😉

    1. Das hilft gegen vorlaute Regenschirmterroristen?

      Wie appliziert man das bei einem akuten Anfall?

      1. Gegen solche Terroristinnen hilft ein anderes, bewährtes Phytotherapeutikum sehr gut: Capsaicin. Gibt es sogar in der Apotheke, in der für den beschriebenen Fall relevanten, aerosolen Darreichungsform jedoch nicht – da muss man ein Outdoor- oder Jägerbedarf-Geschäft aufsuchen.

  2. Tja.
    Als geheilt verlassen, muss man da wohl konstatieren.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.