Spiritualität in der Medizin?

Wenn man sich die verschiedenen Methoden der sogenannten „Alternativmedizin“ anschaut, so ist in jeder eine gute Portion… ja, wie nenne ich das jetzt? Mystik? Religion? Ich denke Mystik ist das richtige Wort… vorhanden. Denn da wimmelt es von geistartigen Kräften, Feinstofflichkeit, Schwingungen, Lebensenergien und was es nicht alles noch gibt. Allen gemeinsam ist allerdings, dass man sie wissenschaftlich nicht nachweisen kann. Somit kann man sagen, dass eine quasireligiöse Mystik fester Bestandteil der alternativmedizinischen Therapie ist.

Egal ob es sich hierbei um die Energieübertragung beim Reiki, die Potentierung in der Homöopathie oder die Blütenschwingungen bei den Bach-Blüten handelt. All dies kann man wissenschaftlich nicht nachweisen und doch schwören genügend Menschen gerade darauf und glauben bedingungslos daran. Das merkt man auch immer wieder in Diskussionen mit Anhängern der Alternativmedizin. Hier habe ich immer wieder das Gefühl, dass es sich um eine Art von Ersatzreligion handelt, mit dem jeweiligen „Therapeuten“ als Priesterersatz.

Deswegen werden diese Diskussionen ja auch immer so hitzig geführt. Für viele Menschen ist die von ihnen gewählte Therapie eben eine Art von Ersatzreligion. Dazu passt auch, dass ja oft die Einnahme der jeweiligen Medikamente ritualisiert ist und nachdem der Mensch schon immer einen starken Hang zu Ritualen hat, fällt dies auf fruchtbaren Boden. Deswegen haben ja meiner Meinung auch diese ganzen Schamanen, Druiden und sonstige Medizinmänner so einen Zulauf. Sie können zwar nicht heilen, haben aber eine verdammt gute Show im Repertoire. Man braucht nur auf eine beliebige Esoterikmesse zu gehen und sich dort die Behandlungen dieser Menschen anzuschauen. Da wird gesungen, getrommelt, getanzt, geräuchert, Energien übertragen, Energien verschickt, Auren gereinigt und was weiß ich noch, was da getrieben wird. Alles natürlich mit einem enormen Brimborium, dass die jährliche Geburtstagsparade der englischen Königin dagegen aussieht wie ein Kindergeburtstag.

Das kann und will die evidenzbasierte Medizin natürlich nicht leisten. Was auch richtig ist, worin aber auch meiner Meinung nach der Kernpunkt des Problems liegt. Vielen Patienten reicht das nämlich einfach nicht. Sie wollen nicht nur geheilt werden, sondern auch noch ihren Hang nach Mystik befriedigt bekommen. Sie wollen nicht nur gesund werden, sondern auch noch spirituell geheilt werden.

Nun muss man sich die Frage stellen, ob das die Medizin leisten kann und überhaupt muss. Und hier sage ich ganz klar: NEIN! Aufgabe der Medizin ist es, den Patienten zu heilen und nicht spirituelle Wünsche zu erfüllen.

Es ist aber auch kein Wunder, dass gerade heute der Wunsch nach Spiritualität in der Medizin so groß ist, wo doch die etablierten Religionen immer mehr an Einfluss und Deutungshoheit verlieren. War es doch auch immer auch so, dass Religion ein gutes Stück weit auch dazu diente, die Welt und die Vorgänge darin zu erklären. Aber seit Galilei, Kopernikus, Newton, Darwin und wie sie alle hießen, ist dies ja auch obsolet geworden.

Dieser Verlust an Spiritualität und Religion im Alltag kann und darf aber nicht auf die Medizin abgewälzt werden, sonst haben wir bald keine Ärzte mehr, sondern gehen wieder zum Druiden oder Medizinmann!