Heilpraktiker vor Gericht – #Heilpraktikalypse now!

Ich habe ja schon vor einiger Zeit dazu aufgerufen, den Deutschen Konsumentenbund durch eine Mitgliedschaft in seiner Arbeit zu unterstützen. Falls ihr das noch nicht getan habt, dann könnt ihr das HIER auf jeden Fall noch nachholen. Wie wichtig die Arbeit des Konsumentenbundes ist, hat sich nämlich erst vor kurzem wieder gezeigt, hat er doch ein wegweisendes Urteil gegen die galoppierende Quacksalberei unserer Tage erwirkt.

Beklagt war ein Kölner Heilpraktiker, der als „Heilpraktiker für Krebstherapie“ firmierte und so auch im Internet auftrat. Der Konsumentenbund schickte dem guten Mann erstmal eine Unterlassungserklärung, um diese Werbung zu unterbinden. Dies wurde vom Beklagten abgelehnt und so landete die Sache vor der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Köln.

Der Beklagte führte aus, dass er ja keine konkreten Heilsversprechungen machen würde und somit auch niemanden täuschen würde. Ansonsten berief er sich in seiner Argumentation auf Artikel 12 unseres Grundgesetzes. (1) Hierbei meinte er, es müsse ihm von Rechts und Verfassungs wegen erlaubt sein, auf entsprechende Angebote hinzuweisen. (2)

Zu diesen beworbenen „Angeboten“ gehörte der Aderlass, Hochdosiertes Vitamin C, Vitamin B17, die Zelltherapie und die Thymustherapie. Die Werbung für diese sogenannten „Therapien“ (hoch gefährlicher Blödsinn würde es besser treffen) in Verbindung mit Krebs wurde ihm untersagt.

Das Gericht führte in seiner Urteilsbegründung zum Thema „Werbung“ folgendes aus:

Die Bezeichnung ‚Heilpraktiker für Krebstherapie‘, ‚Krebstherapie‘ sowie die Therapien im Zusammenhang mit ‚Krebstherapie‘ sind auf Internetseiten enthalten, die – jedenfalls auch – zur Information interessierter Verbraucher von dem Beklagten eingerichtet sind. Damit sind sie an Personen ‚außerhalb der Fachkreise‘ (vgl. § 2 HWG) gerichtet.
Da in allen Varianten ‚Krebstherapie‘ genannt ist, unterfällt die Erkrankung Nr. 2 der Anlage A zu § 12 HWG.
Es handelt sich entgegen der Auffassung des Beklagten auch in allen Fällen um Werbung. Der angesprochene Verbraucher soll nämlich auf die Tätigkeit des Beklagten im Bereich der Krebstherapie aufmerksam gemacht und über das Angebot, insbesondere die Therapien wie in Ziffer 1.3 Tenor wiedergegeben, informiert werden. Es handelt sich damit nicht um eine neutrale Information, sondern um konkrete Hinweise auf die Tätigkeit des Beklagten als Heilpraktiker.
(3)

Und an anderer Stelle der Urteilsbegründung heißt es:

In der beanstandeten Form liegt zudem kein objektiver und sachlich informierender Hinweis auf die Tätigkeit vor. Diese beschreibt der Beklagte mit die Schulmedizin unterstützenden alternativen Behandlungsmethoden. Durch die Bezeichnung ‚Heilpraktiker für Krebstherapie‘ geht der Beklagte hierüber hinaus. Ungeachtet des Umstands, dass die Bezeichnung einem verliehenen Titel, ähnlich einer Facharztbezeichnung, ähnelt, erweckt sie den Eindruck, der Beklagte biete in jedem Krankheitsstadium eine vollständige Therapie an. Dies übersteigt das von dem Beklagten selbst reklamierte sachliche Informationsinteresse. Ebenso ist die Verwendung des Begriffs ‚Krebstherapie‘, auch im Zusammenhang mit den weiteren Therapien zu verstehen. Auch hier entsteht der Eindruck einer umfassenden und nicht nur subsidiären Therapie. Der hierdurch bei dem Verbraucher erweckte Eindruck geht über das von dem Beklagten reklamierte sachliche Informationsinteresse an einer nur subsidiären Behandlung oder der Behandlung nach der Schulmedizin austherapierter Patienten hinaus. (3)

Wir müssen uns das mal vorstellen, da kommt ein Heilpraktiker, firmiert speziell als „Heilpraktiker für Krebstherapie“, weckt damit Hoffnung bei verzweifelten Menschen und wenn es dann um die Wurscht geht, zieht er sich zurück und sagt „Och nö, ich therapiere dich doch gar nicht, ich unterstütze ja nur die schulmedizinische Behandlung.“ Wieviel Kohle bis zu diesem Punkt zudem noch geflossen ist, möchte ich gar nicht wissen.

Und dies ist eines der großen Probleme der Heilpraktiker-Szene: die Blender, die viel Versprechen, wenig halten und immer auf dem schmalen Grad der Legalität wandeln und niemals fassbar sind. Und das ist nicht nur einer.

Zur Stellung der Heilpraktiker führt das Gericht aus,

dass die Zulassung von Heilpraktikern zu Heilpraktikern weder eine besondere berufliche Ausbildung noch den Nachweis einer besonderen Fachqualifikation erfordert (BGH a.a.O. Rz. 16, zitiert nach Juris). Heilpraktiker unterliegen keiner gesetzlich festgelegten Berufsaufsicht. Es widerspricht daher nicht der rechtspolitischen Zielsetzung, § 12 Abs. 12 HWG seinem Wortlaut entsprechend uneingeschränkt auf die Werbung von und für Heilpraktiker anzuwenden (BGH a.a.O.). (3)

Dieser Fall ist wieder einmal ein Paradebeispiel dafür, warum wir die #Heilpraktikalypse brauchen. Der Heilpraktiker ist ein Anachronismus unseres Gesundheitssystems. Viele Vertreter dieser medizinischen Anlerntätigkeit sind eine Gefahr für arglose Patientinnen und Patienten. Deswegen brauchen wir keine Heilpraktiker-Reform, wir brauchen keine Überarbeitung der Vorschriften, wir brauchen eine Abschaffung dieses unsäglichen Überbleibsels der NS-Zeit.

Leider ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, der Herr hat angekündigt, den „Rechtsweg ausschöpfen zu wollen“. Das heißt also, dass noch jemand mit einem aussichtslosen Anliegen unser Gerichtswesen verstopft. Solche Aussagen werte ich persönlich als das beleidigte mit dem Fuß aufstampfen eines verzogenen Kleinkindes.

Anmerkungen:
(1) Artikel 12 GG besagt: (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht. (3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(2) Pressemitteilung des Deutschen Konsumentenbundes vom 16. Februar 2019.
(3) Entscheidung des Landgerichtes Köln vom 12. Februar 2019 Az. 81 O 105/18.

 

 

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