Die absurde und nicht nachvollziehbare Entscheidung des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn, die Homöopathie weiterhin von den Kassen erstatten zu lassen, hat landauf, landab für eine große Welle der Empörung gesorgt.
So schreibt die ehemalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder in ihrer Kolumne in der „Welt“: Nun frage ich mich zugegebenermaßen schon lange, wieso sich ein derart offenkundig absurder medizinischer Ansatz in Deutschland solch großer Beliebtheit erfreut.
Und die Kassenärztliche Vereinigung Hessen reagiert in einer Pressemeldung mit Unverständnis. Die Vorstandsvorsitzenden Frank Dastych und Dr. Eckhard Starke erklären hierzu: Es ist erstaunlich, mit welcher Larmoyanz Herr Spahn über diesen nicht gerade geringen Betrag hinweggeht. Dabei dürfte in Deutschland mittlerweile jedes Kind wissen, dass es für die Wirksamkeit homöopathischer Behandlungen keinerlei wissenschaftlichen oder evidenzbasierten Beleg gibt. Es handelt sich also im wahrsten Sinne des Wortes um eine Glaubensfrage, manche nennen es schlicht Humbug. Wer daran glauben will, soll dies gerne tun, dann allerdings nicht auf Kosten der Solidargemeinschaft, deren Ausstattung bekanntlich nicht gut genug ist, um zum Beispiel ambulante ärztliche Leistungen ohne Budgetierung zu bezahlen. Und besonders pikant ist die Tatsache, dass Herr Spahn vor kurzem unserer Forderung nach Abschaffung der Wirtschaftlichkeitsprüfungen, zum Beispiel bei der Verordnung von Arzneimitteln, eine klare Absage erteilt hat und gleichzeitig an dieser Stelle überaus großzügig ist. Her Spahn hat Recht, wenn er 20 Millionen Euro im Vergleich zu Gesamtausgaben von 40 Milliarden Euro für Arzneimittel für einen eher geringen Betrag hält. Doch hier geht es ums Prinzip: Im Gesundheitswesen gibt es nach wie vor nichts zu verschenken und Behandlungen, für die es keinen erwiesenen Nutzen gibt, müssen Privatvergnügen sein und haben deshalb in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nichts zu suchen.
Und gerade lese ich den hervorragenden Kommentar von Werner
Bartens in der Süddeutschen Zeitung. Er schreibt darin unter anderem: Es ist ja so: Tausende Studien über die
Homöopathie haben keinen Nutzenbeweis über den Plazebo-Effekt hinaus erbringen
können. Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Methode Unsinn, gepaart mit einem
Schuss Esoterik (oder umgekehrt?), etwa wenn es um die ominöse Macht des
Potenzierens geht. Das dürre Gedankengerüst ist zigmal zerlegt worden, bis sich
die Argumente der Befürworter so verflüchtigten wie homöopathische
Hochpotenzen.
Der Rest ist Ideologie und Glaubenskrieg, zumal sich die Lobbyvereine der
Homöopathen gerne der Schlagworte „natürlich, sanft und harmlos“ bedienen. Die
Attribute treffen zwar nicht zu, haben aber immerhin zur Nebenwirkung, dass
mehr als die Hälfte der Bevölkerung dem Verfahren aufgeschlossen
gegenübersteht. Und die Kassen zahlen übrigens aus Marketinggründen, um junge,
besser verdienende Mitglieder zu gewinnen.
Sagen wir es doch ganz deutlich. Jens Spahn hat in bester Politiker-Tradition eine Entscheidung gefällt, durch die er sich das Wohlwollen der Homöopathie-Lobby und deren Anhänger mitsamt allen Auswüchsen erkaufen will. Wenn der Schuss mal nicht nach hinten losgeht…
Schade, dass die Hashtags #Spahnemann und #Spahnsinn auf Twitter nicht so richtig gezündet haben, dazu sind dann doch wohl leider zu wenige Globukalyptiker dort unterwegs.
Immerhin hat ja Herr Spahn mit seiner Entscheidung pro Zauberzucker/Homöopathie-Lobby nicht nur allen Wissenschaftler*Innen und den nicht esoterisch/quacksalberisch/anthroposophisch orientierten Mitarbeiter*Innen im medizinischen Bereich gezeigt, was so okay ist – sondern auch sonst allen, die im naturwissenschaftlichen Unterricht in der Schule aufgepasst haben.
Schade um € 20 Millionen für Zucker – und das ganze Geld, was sonst so im Gesundheitssystem verballert wird – für Handauflegen, auch als Osteopathie bekannt; Chiropraktiker etc etc