Vor ein paar Tagen habe ich euch ja etwas von George Fordyce erzählt, einem der Pioniere der Evidenzbasierten Medizin. Vor Fordyce gab es allerdings noch einen Arzt, der nicht nur den Grundstein für die EbM gelegt hatte, sondern auch der erste bekannte Medizinstatistiker war. Wieder war es ein Brite und so kann man mit Fug und Recht behaupten, dass Großbritannien das Mutterland der Evidenzbasierten Medizin ist.
Dieser Arzt, Pharmakologe, Medizinhistoriker und Medizinstatistiker war William Black, der 1749 in Irland geboren wurde und 1829 in Hammersmith verstarb. Über sein Leben konnte ich leider nicht allzu viele Informationen finden. Was wir wissen ist, dass Black in Leyden Medizin studierte und dieses Studium am 20. März 1772 mit seiner Dissertation De diagnosi, prognos, et causis mortis in febribus abschloss.
Gemeinsam mit Gilbert Blane wurde er 1785 Arzt am General Dispensary for Poor Married Women in London, wo er sich im gleichen Jahr niedergelassen hatte. Später scheint er eine Praxis im Londoner Stadtteil Piccadilly betrieben zu haben, wo er damals auch wohnte. Black war Mitglied im Royal College of Physicans.
Aus der Annual oration, die er 1788 vor der Medical Society of London hielt, entstand das Werk, welches ihn zu einem Pionier der Evidenzbasierten Medizin machte, nämlich A comparative view of the mortality of the human species at all ages; and of the diseases and casualties by which they are destroyed or annoyed. Bereits 1789 erschien eine zweite, überarbeitete Auflage unter dem Titel An Arithmetical and Medical Analysis of the Diseases and Mortality of the Human Species.
Mit diesem Werk versuchte er, Geburten, Todesfälle, Krankheiten und unnatürliche Todesfälle zueinander in Relation zu setzen, um hieraus Schlüsse zu ziehen. Er benutzte hierfür den Begriff der medical arithmetic, der inspiriert war vom Begriff der political arithmetic des Sir William Petty.
Im ersten Kapitel geht Black auf eine vergleichende Darstellung der Mortalitäten der Völker und Bevölkerungen in verschiedenen Städten und Ländern Europas mit allgemeinen und speziellen Tabellen der Erreger und tödlichen Krankheiten und deren durch sie verursachten Todesfälle.
Danach findet sich ein Katalog der Haupttodesursachen, der sowohl natürliche wie auch unnatürliche Todesfälle enthält. Bei den Krankheiten legt Black besonderes Gewicht darauf, die Mortalitätsrate genau zu bestimmen. Er unterschied hierbei auch in den Daten für Stadt bzw. Landbewohner.
Die Recherchen zu diesem Buch waren ein schwieriges Unterfangen, gab es doch nur ein unzureichendes Aufbewahrungssystem für Totenscheine und so musste er sich oft auch durch Kirchenbücher und andere Quellen arbeiten.
1810 stellte er mit dieser Methode über 2.000 Fälle aus dem Bethlem Royal Hospital (Bedlam) dar. Diese Untersuchung erschien unter dem Titel A Dissertation on Insanity, illustrated with tables from between two and three thousand cases in Bedlam.
Weiters verfasste Black 1781 den Band Observations, Medical and Political, on the Smallpox, the Advantages and Disadvantages of General Inoculation, and on the Mortality of Mankind at every age und 1782 A Historical Sketch of Medicine and Surgery from their Origin to the Present Time, with a Chronological Chart of Medical and Surgical Authors.
Er leistete damit einen wichtigen Beitrag zu einer Entwicklung, die in Großbritannien um das Jahr 1780 einsetzte und deren weiterer Verlauf dann in der Evidenzbasierten Medizin mündete, wie wir sie heute kennen. Zu dieser Zeit begannen auch beispielsweise statistische Erhebungen und die empirisch erarbeitete Evidenz wissenschaftlicher Studien an Bedeutung.