Arthur Lutze und die erste homöopathische Klinik

Irgendwie hat es die Homöopathie an sich, besonders schräge Vögel anzuziehen. Eine der wohl skurrilsten Persönlichkeiten, die die Homöopathie im 19. Jahrhundert hervorgebracht hat, ist wohl Arthur Lutze.

Bekannt ist dieser Laienheiler und Homöopath vor allem durch das „Hahnemann-Lutze-Denkmal“, das sich in Köthen befindet. Außerdem hat er die erste homöopathische Klinik in Deutschland errichtet. Grund genug, sich den Herrn einmal näher anzuschauen.

Geboren wurde Lutze im Jahre 1813 in Berlin. Sein Vater war der hannoversche Konsul in der preußischen Hauptstadt. Seine schulische Ausbildung absolvierte er in Stettin, Bunzlau und in Berlin. Obwohl er eigentlich Theologie studieren wollte, was aus finanziellen Gründen nicht möglich war, trat er 1831 in Nordhausen in den Postdienst ein.

Arthur Lutze in späteren Jahren. Er dachte, dass in seinem Bart eine Lebensenergie säße, mit der er kranke Menschen heilen könnte.

Dort lernte er auch Dr. Philipp Rath kennen, der ihn erstmals mit der Homöopathie bekannt machte. Kurz darauf begann Lutze auch schon, Menschen zu behandeln und zwar in einem dermaßigen Umfang, dass seine Verlobte die Verlobung löste, weil sie diese Form der Laienmedizin missbilligte.

Ab März 1835 wurde Lutze nach Neustadt-Eberswalde versetzt, wo er glücklicherweise lieber „literarische Vorlesungen“ abhielt, anstatt an Menschen herumzudoktern. Dies tat er erst wieder ab dem Herbst 1838, als er nach einigen kurzen Versetzungen in Berlin gelandet war. Ein Jahr später kam er dann nach Halle an der Saale und eröffnete dort sogar eine Praxis, was ihm eine Verwarnung des Kreisphysikus einbrachte, die er allerdings ignorierte.

Wieder wurde Lutze kurz hintereinander mehrfach versetzt und landete in Langensalza, wo er wieder eine Praxis betrieb. In seinen Memoiren schrieb er dazu: In Langensalza war mir in Bezug auf meine homöopathische Praxis schon ein freieres Feld eröffnet, da einige Laien, die homöopathischen Curirens wegen verklagt und vom Gericht freigesprochen waren, weil sie keinen Schaden zugefügt und keine Bezahlung dafür genommen, die Bahn gebrochen hatten. Kein Arzt und Apotheker klagte mehr, weil sie es für vergeblich hielten. Nach früheren Gesetzen nämlich kam man auf diese Art durch; nachdem auch ich […] daraufhin freigesprochen war, schäfte man das Gesetz bei der allgemeinen Revision durch den Zusatz, daß auch Derjenige der Medizinal-Pfuscherei schuldig zu halten sei, dem das Curiren durch einmaliges polizeiliches Verbot untersagt worden sei. Hierdurch ist den Laien das ausgebreitete Curiren in Preußen abgeschnitten, da sich fast immer Denuncianten finden, auf deren Anzeige das polizeiliche Verbot erfolgt, und sie dann dem Gesetze verfallen sind.

Hier kamen ihm auch seine Arbeitszeiten entgegen. Bei der Post musste er erst um 11 Uhr anfangen und davor behandelte er in der Regel 53 Kranke pro Tag, wie er selbst schrieb.

Ein interessantes Zitat zu dieser Zeit findet sich in seinen Memoiren: So potenzirte ich öfters bei meinem Freunde und schüttete mir in der Regel die alten Streukügelchen in den Thee, doch immer mehrere Mittel zusammen, und hatte nie eine Wirkung davon bemerkt.

Tja, nix drin, nix dran, würde ich mal dazu sagen.

Zu jener Zeit wurde Lutze vom Postdienst suspendiert, da seine Portokasse einen Fehlbetrag von 160 Talern aufwies. Dies blieb auch nicht sein einziger Zusammenstoß mit der Justiz. Er wurde wegen „Medizinal-Pfuscherei“ angezeigt und kam in Halberstadt vor Gericht. Dort wurde er allerdings freigesprochen, da er seine Dienste nicht für Geld angeboten hatte und auch kein Schaden nachgewiesen werden konnte.

In Mühlhausen verfasste er auch ein Traktätchen mit dem Titel „Hahnemanns Todtenfeier“, das einen Vortrag enthielt, mit dem er über Land tingelte. Im Anhang waren noch Fallbeschreibungen und weitere Artikel zur Homöopathie enthalten. Lutze selbst stilisierte es zu dem „Manifest der Homöopathie“. Wir sehen, Bescheidenheit war seine Sache nicht.

1843 verschlug es Lutze dann nach Potsdam, wo er wieder eine homöopathische Praxis, diesmal in einem eigens dafür angemieteten Zimmer, einrichtete. Diese Behandlungen wurden ihm untersagt, war er doch kein approbierter Arzt. Als er sich über diese Weisung hinwegsetzte und weiter behandelte, wurde seine „Praxis“ versiegelt. Doch auch hierüber setzte er sich hinweg, stieg über das Fenster ein und fertigte von dort aus seine „Patienten“ ab. Als ihm eine sofortige Arretierung angedroht wurde, inszenierte er sich noch selbst als Opfer der bösen, bösen Behörden.

Über persönliche Beziehungen erhielt Lutze eine Audienz beim preußischen König, der ihm zwar eine weitere Behandlungstätigkeit erlaubte, ihm aber zur Auflage machte, so schnell wie möglich ein medizinisches Examen abzulegen.

Also behandelte Lutze weiter und im Auftrag eines Gönners richtete er sogar ein Krankenhaus für Kinder aus armen Familien aus, die dort homöopathisch behandelt werden sollten. Der hochtrabende Name für diese Einrichtung lautete „Hahnemannia“ und sie befand sich in Klein-Glienicke. Aber auch dort regte sich Widerstand gegen Lutzes Treiben und er lieferte sich auch ausufernde „Leserbriefschlachten“ mit seinen Gegnern. Es waren übrigens nicht nur richtige Ärzte, sondern auch Homöopathen darunter. Beispielsweise die vier zur damaligen Zeit in Berlin praktizierenden homöopathischen Ärzte Dr. Bamberger, Dr. Reisig, Dr. Melicher und Dr. Kallenbach. Diese Herren veröffentlichten in der Vossischen Zeitung umfangreiche Artikel gegen Lutze, worauf dieser entgegnete, er hätte mehr als 14.000 Patienten geheilt, sogar Blinde und Taube. Also an Selbstbewusstsein mangelte es dem guten Mann wirklich nicht.

1846 wurde er dann mehrfach von richtigen Ärzten verklagt, weil er sich bei seinen Attacken gegen sie allzu sehr im Ton vergriffen hatte. Sogar die königlich-preußische Regierung (von der er seine Ausnahmegenehmigung hatte!) verklagte ihn wegen Beleidigung, derer er auch schuldig gesprochen und zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt wurde.

Nachdem Lutze sich geweigert hatte, dem königlichen Befehl nachzukommen und kein medizinisches Staatsexamen ablegte, wurde am 16. Mai 1845 seine Praxis auf höchste Anordnung hin geschlossen und von Polizisten bewacht. Lutze war der Meinung, der König habe von einem (zur damaligen Zeit nicht existierenden) Homöopathie-Examen gesprochen und wandte sich wieder an den König. Dieser ließ zwar per Dekret die Polizisten abziehen, hielt an der Praxisschließung allerdings fest. Trotzdem ließ Lutze eine Annonce in der Berliner Zeitung veröffentlichen, in der er nicht nur das Fortbestehen seiner Praxis verkündete, sondern auch die königlich-preußische Regierung scharf angriff. In der Vossischen Zeitung vom 3. Juni ließ der König daraufhin folgende „Kabinets-Ordre“ abdrucken:

Mit tiefem Unwillen habe ich in Erfahrung gebracht, wie der ehemalige Post-Secretair A. Lutze den von Mir dem hiesigen Polizei-Director von Kahlden-Normann gegebenen Befehl, durch welchen lediglich die von letzterem angeordnete Bewachung seiner Wohnung durch Gensd’armen suspendirt worden ist, zu einer, der Wahrheit widersprechenden, Meine Behörden compromittirenden öffentlichen Bekanntmachung gemißbraucht hat. Es hat sich aber auch der A. Lutze nicht entblödet, in seiner beigehenden Vorstellung vom 15ten d. M. die Regierung zu Potsdam ‚grober und frecher Lügen‘ zu zeihen und zu behaupten, daß er sie zweimal dringend gebeten habe, ihn zum Examen zu berufen und somit der ihm von Mir gestellten Bedingung, unter welcher ihm die ärztliche Praxis einstweilen gestattet worden, nachgekommen sei, während er selbst in seiner mit Anlagen gleichfalls beigehenden Eingabe vom 16ten d. M. übereinstimmend mit den von Ihnen und dem Minister des Innern gemeinschaftlich erstatteten Berichte vom 25. März erklärt, daß er sich nur erboten habe, vor einer homöopathischen Commission sein Examen zu machen, wovon nicht die Rede sein konnte, wenn es sich um Erledigung der obigen Bedingungen handelte. Derselbe hat sich dadurch der gnädigen Berücksichtigung, welche Ich ihm durch Meine Ordre vom 21. Oktober v. J. habe angedeihen lassen, durchaus unwürdig bewiesen und es ist daher Mein bestimmter Wille, daß fortan gegen ihn überall nach der Strenge der Gesetze verfahren werde, und namentlich die von den Behörden angeordneten, von mir einstweilen sistirten Prohibitiv-Maßregeln, um seinem unbefugten Treiben ein Ziel zu setzen, ungestörten Fortgang erhalten. Was aber insbesondere die obigen, in seiner Immediat-Eingabe enthaltenen Schmähungen anlangt, so will Ich mit Rücksicht auf Meine Ordre vom 18. Dezember 1841 nicht nur geschehen lassen, daß die Regierung ihn dieserhalb zur gesetzlichen Strafe ziehen lasse, sondern Ich gewärtige vielmehr, daß sie von diesem Rechte Gebrauch machen werde.

Potsdam, den 26. Mai 1845, gez. Friedrich Wilhelm

Lutze behauptete zu jener Zeit auch, während seiner Gefängnisstrafe „Magnetische Mittheilungen in die Ferne“ geschickt und „Mesmerismus“ betrieben zu haben. Nach seiner Entlassung aus der Haft ging er nach Berlin, um seine damals geplante Übersiedlung nach London vorzubereiten. Wieder beschäftigte er sich mit übersinnlichen Thematiken, und dort soll ihm auch ein Hellseher seine Übersiedlung nach Köthen vorausgesagt haben. Lutze stellte daraufhin seine Umzugspläne nach England zurück.

Im Juli 1846 besuchte Lutze erstmals die ehemalige Wirkungsstätte Hahnemanns und trat dort mit einflussreichen Bürgern in Kontakt, um den regierenden Herzog Heinrich von Anhalt-Köthen positiv für ihn zu beeinflussen. Allerdings hatten die Köthener Behörden in Potsdam Informationen über Lutze eingeholt, und so musste er erst einige Leumundszeugnisse von angesehenen Bürgern einholen und sich beim Herzog persönlich legitimieren. Und wieder begann er mit der Behandlung von Patienten, obschon er noch keine Erlaubnis zur Eröffnung einer Praxis hatte. Bald schon zeigte ihn die Medizinalbehörde an, wogegen er nur durch eine persönliche Fürsprache des Herzogs ankam. Lutze konnte ihn aber nicht nur zur Erlaubnis einer Praxis bewegen, sondern auch zu einer Genehmigung zum Selbstdispensieren von Arzneimitteln. Diese benötigte er aber teilweise nicht mehr, heilte er doch nach eigenen Angaben durch „Lebensmagnetismus“.

In diesen Jahren hatte Lutze den Ruf eines Wunderheilers, der alles und jeden kurieren konnte, so dass seine Praxisräume in Köthen bald schon sehr überlaufen waren. Hier hörte er auch auf, sich Haupt- und Barthaar zu scheren, da er der Ansicht war, dass seine „Lebensenergie“, mit der er heilte, in den Haaren saß.

Am 18. Mai 1850 war es dann übrigens soweit: Arthur Lutze „promovierte“ in Jena zum Doktor der Medizin. Sein überragendes Studium bestand aus einem Wochenend-Kurs für Augenoperationen bei einem gewissen Dr. Blasius in Halle an der Saale. Aber immerhin trug seine Dissertation den hochtrabenden Namen „De cataractae extractione“.

Dies geschah aber gezwungenermaßen, denn nachdem sein Gönner Herzog Heinrich von Anhalt-Köthen verstorben war und das Herzogtum an Anhalt-Dessau fiel, wurde Herzog Leopold IV. Friedrich von Anhalt-Dessau Landesherr, der kein Freund der Homöopathie und des Treibens Lutzes war. Er wollte ihm die Approbation entziehen und aus seinem Herzogtum ausweisen. Dies hatte aber starke Proteste seiner Anhänger in der Bevölkerung zur Folge, und auf Vermittlung des Ministers von Geßler konnte der Kompromiss gefunden werden, dass Lutze eine ordentliche Universitätsprüfung ablegen solle, um als Doktor weiter zu praktizieren.

Ab 1854 beschäftigte sich Lutze mit einem Großprojekt: Er wollte die erste homöopathische Klinik in Deutschland errichten.

Jedes Stockwerk sollte eine Höhe von circa 15 Fuß haben, demgemäß große Fenster, und für jedes Krankenzimmer eins, welches auch nicht ohne ärztliche Rücksicht für Augenkranke und Nervenleidende bestimmt wurde, da 2 Fenster stets einen störenden Doppelschatten werfen (…) Am 15. Oktober begannen die Bauarbeiten und am 15. Dezember wurde Richtfest gefeiert. Manche bewundern dies jetzt, doch wir wurden von der Witterung merkwürdig begünstigt, und 149 Arbeiter waren täglich in Bewegung.

In einer seiner unzähligen Schriften beschrieb er diese Klinik selbst folgendermaßen:

In dem neuen Hauptgebäude nimmt ein Saal, zur Poliklinik bestimmt, den größten Theil der Front nach Osten ein, mit einem Eingange von der Straße. Dicht daran stößt das Sprechzimmer, zu Special-Consultationen, Untersuchungen und Operationen. In dem Stockwerke unmittelbar darüber befindet sich der Musiksaal mit seinen beiden Vorhallen, vom Bildhauer mit einem Kreuzgewölbe und reicher Stuckatur-Arbeit in gothischem Style geziert. In dem dritten Stockwerke ist das Eckzimmer nach Nord-Ost zu einer Galerie von etwa 40 bis 50 Oelgemälden benutzt, und den Corridor des Seitenflügels zieren Kupferstiche der bedeutendsten Meister. Der neuerbaute Flügel nach Süden ist zu einem Naturalien- und Antiquitäten-Cabinet bestimmt, und unmittelbar von diesem gelangt man auf einer kleinen eisernen Wendeltreppe nach der Sternwarte. Im Ganzen hat das Haus 72 Zimmer, und was davon nicht von meiner Familie bewohnt oder zu Arbeitszimmern benutzt wird, sind Krankenstuben.

Die Klinik erhielt auch eine damals neu aufgekommene Wasserheizung, wodurch die sonst gängigen Holzöfen in den einzelnen Zimmern entfielen. Auch richtete sich Lutze in seiner Klinik einen Verlag mit Druckerei ein, um seine eigenen Schriften selbst zu publizieren und zu vermarkten.

Zur Finanzierung des Projektes gab er 100.000 sogenannte „Lutze-Thaler“ an private Spender aus, die Verbreitung bis nach Sachsen, Bayern und Österreich fanden. Auch gab die Landesbank in Dessau einen Zuschuss. Der Bau wurde im Stil der italienischen Neorenaissance gehalten, hatte aber auch gotische Elemente.

Im Garten der Klinik wurde am 10. April 1855, dem 100-jährigen Geburtstag Hahnemanns, ein überlebensgroßes Standbild Hahnemanns aufgestellt. Das äußerst sehenswerte Gebäude wurde bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges medizinisch genutzt, wenngleich der reine Klinikbetrieb bereits 1914 eingestellt wurde.

Lutze und seine Klinik war unter Homöopathen allerdings nicht unumstritten. Zeitweise tobte sogar eine starke Kontroverse und es wurden Anstrengungen unternommen, seinen Klinikbetrieb untersagen zu lassen. Kritikpunkte waren einmal der Massenbetrieb, der jede Individualität vermissen ließ, dann die Behandlung mit „Lebensmagnetismus“ und Lutzes Hinwendung zum Übersinnlichen sowie die von ihm verordneten schwächenden Diätregeln. Lutze hatte bereits Ende der 1840er Jahre in seiner Broschüre Lebensregeln der neuen, naturgemäßen Heilkunde Diätregeln erlassen. So verbot er den Genuss von Kaffee, Zichorie, Tabak, Tee, Alkohol, scharfen Gewürzen und Kräutern, außerdem sollte kein Fleisch zu sich genommen werden und er empfahl eine vegetarische Lebensweise. Damit handelte er natürlich Hahnemann komplett zuwider, der jede schwächende Vorschrift oder Diät ablehnte.

Nach eigenen Angaben wurde Lutze in den Jahren bis 1860 Ehrenmitglied der „Homöopathischen Academie“ zu Rio de Janeiro, korrespondierendes Mitglied der „Homöopathischen Academie“ zu Palermo und Ehrenmitglied des Homöopathischen Vereins Darmstadt sowie der „Société de Pharmacodynamie homöopathique“ in Brüssel.

1860 lag sein Lehrbuch der Homöopathie in zwei Bänden vor, wofür er zum Sanitätsrat ernannt wurde. Dieses Lehrbuch wurde in die englische, spanische, russische, polnische und französische Sprache übersetzt.

1862 richtete Lutze auch seinen eigenen Verlag in der Klinik ein und vertrieb seine Titel nun selbst. In jenen Jahren brachte Lutze auch eine eigene homöopathische Reiseapotheke auf den Markt, die er aufgrund des günstigen Verkaufspreises besonders an christliche Missionare verkaufte.

Seit dem 10. April 1858 gab er zudem eine zweiwöchig erscheinende Zeitschrift mit dem Titel „Hahnemannia: Fliegende Blätter für Stadt und Land über Homöopathie“ heraus.

Im Februar 1865 publizierte er eine 6. Auflage von Hahnemanns Organon der Heilkunst, die zwar von dessen letzter lebender Tochter autorisiert, durch seine Ergänzungen aber von den anderen Homöopathen abgelehnt wurde. Hiergegen polemisierte Lutze in derber Art und Weise.

Er begann auch, Medikamente und vegetarische Produkte herzustellen und in alle Welt zu versenden.

Arthur Lutze verstarb am 11. April 1870 in Köthen.

1897 wurde das Lutze-Hahnemann-Denkmal im dortigen Schlosspark gegenüber der Lutze-Klinik eingeweiht.

Lutze sah jede noch so leichte Kritik an der Homöopathie, seiner Klinik oder seinen Büchern als persönliche Schmähung an und beantwortete diese mit beleidigenden und derben Repliken. So bezeichnete er Homöopathen, die sich gegen seine Diätvorschriften aussprachen, als „Henker-Polizei“. Ebenso charakteristisch für Lutze war, dass er die Verantwortung für all jene Strafen, die er aufgrund seines Fehlverhaltens erhielt, stets anderen zuschrieb, wobei an erster Stelle natürlich die „Allöopathen“ stehen. Teilweise sah er sich als Opfer einer Verschwörung. Nachdem er den Mesmerismus für sich entdeckt hatte, sah er sich gerne in der Rolle des messianischen Heilers und als „Werkzeug Gottes“.

Zeitgenossen über Lutze:

Lutze brauchte die selbstdarstellerische Veräußerung seiner Person und konnte damit auf der Woge einer ungeheuren Popularität schwimmen. Als Schriftsteller und Dichter war er zweifellos nicht genial. Aber wie war er als Heiler? Theatralische Vorführungen mit vordergründiger Effekthascherei und echte Behandlung lassen sich bei ihm kaum trennen. So berichtet Kügelgen davon, wie Lutze vor den Augen seiner Patienten Trinkwasser in Gläsern manipulierte, um es so zu magnetisieren, „daß sie es für Wein trinken“, wie er zu Kügelgen sagte (dieser konnte dann keine Verwandlung des Wassers feststellen). Ein später Verehrer und Hagiograph bringt über Lutze Wesentliches auf den Punkt: „Bis zu seinem Tode ist er ein frommes, gutes, begnadetes und ebenso arg- wie geschmackloses Kind geblieben.“

Denke Dir eine kurze gedrungene Gestalt mit einem großen, aber schönen und intelligenten Kopf, von welchem lange schwarzgraue Haare bis auf den Rücken herabhängen und ein ungeheurer Prophetenbart, der wie eine Schürze die halbe Vorderseite des kleinen Kerls zudeckt. Ein rasch dahin trippelnder Mensch, ohne Fond, ohne sonderliche Kenntnisse und männliche Geistesbildung, aber in hohem Maße praktisch, dazu ein feuriger Enthusiast, unruhig, in rastloser Bewegung Tag und Nacht; durch und durch Talent, Dichter und Redner, aber ohne Genius; gutmütig, gefällig, friedfertig, kolossal wohltätig; kein bewußter Betrüger, aber unwillkürlicher Schwindler, vor allem aber von oben bis unten vollgeladen mit der lächerlichsten, ganz unbemäntelten Eitelkeit.

Bildnachweise:

Von Autor unbekannt – Schloss Köthen (Anhalt), Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19895123

Von Ralf Lotys (Sicherlich) – Selbst fotografiert, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2556678

3 Gedanken zu “Arthur Lutze und die erste homöopathische Klinik

  1. Die Beschreibung von Lutze passt auf so manche heutige Homöopathen (wenn auch nicht zu 100 %): Laienmedizin, ohne jede Bescheidenheit, Inszenierung als Opfer, eigenwillige Interpretation der Hahnmannschen Regeln, kritikunfähig, Schwindler, eitel

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