Vom schwarzen Hund und von Mitmenschen

„Depressionen sind Arschlöcher“ – Das ist der einzige allgemeingültige Satz, den ich in diesem Artikel ausführen werde. Alle anderen Aussagen sind vollkommen subjektiv und aus meiner Sichtweise und meiner Gefühlswelt heraus.

Es ist schon ganz schöner Mist, wenn einem das eigene Hirn immer und immer wieder in den Hintern tritt und es ist verdammt viel anstrengende Arbeit, um herauszufinden, warum es das tut und warum gerade da die Triggerpunkte sitzen, wo sie sitzen. Da kann es gut sein, dass eine Bemerkung, die Nichtbetroffene vielleicht einfach abtun würden, genau so einen Triggerpunkt trifft und sich das dann anfühlt, wie das psychische Äquivalent für einen mit aller Kraft ausgeführten Leberhaken. Wenn sich dann eh schon seit einiger Zeit negative Emotionen in dir aufgestaut haben, kann so ein Leberhaken dann der sprichwörtliche letzte Tropfen sein, der das Fass dann zum Überlaufen bringt.

Was man dann als Betroffener in einer solchen Situation absolut nicht gebrauchen kann, sind Nichtbetroffene, die in epischer Länge und Breite mir meine Intentionen, Emotionen, Absichten oder was weiß ich was erklären wollen. Wenn ich beispielsweise sage, dass es mir wegen Thema XYZ (es gibt ja heutzutage viele solcher Themen: das Hamaspogrom in Israel, Klimawandel, Corona, Vereinsstreitigkeiten, die gesellschaftliche Spaltung oder Omma Karsupkes neuen OnlyFans-Account) schlecht geht, dann ist es eher kontraproduktiv, wenn mir Nichtbetroffene hier meine Emotionen absprechen oder irgendwelches Kalkül hineininterpretiert oder sonstwie das, was in meinem Kopf vorgeht zu erklären und das aus eigener Unverständnis der Situation.

Auch wenn man als Nichtbetroffener die Aussage eines Depressiven nicht nachvollziehen kann oder meint, dies oder jenes nicht stehen lassen zu können, dann ist es einfach immer besser einfach zu fragen, warum dies jetzt so oder so ist oder einfach die Klappe zu halten. Aber sich dann dickbräsig hinzuhocken und dem Betroffenen seine Gefühlslage abzusprechen und auch auf Hinweise nicht zu reagieren, sondern stur wie ein Panzer seine eigene Meinung und Sichtweise in die Welt zu blöken, das ist schon ein bisschen … unempathisch. Am liebsten würde ich solche Menschen schon manchmal fragen, wer zur Hölle sie denken zu sein, um über mich, meine Erkrankung und über meine Gefühle zu urteilen? Was denkst Du, gibt DIR das Recht, hierüber zu urteilen?

Natürlich ist es leicht zu sagen „Dann beschäftige dich doch einfach nicht mit Thema XY“, aber ist ein Ding der Unmöglichkeit, gleichzeitig am Leben teilzuhaben und alle Trigger zu vermeiden. Dann kommen einfach mal diese Leberhaken. Natürlich bedeutet das jetzt auch nicht, dass jetzt jeder überall die Samthandschuhe auspacken muss, damit niemand psychisch leidet. Aber wenn man einfach mal durchschnauft und vor dem schreiben/sprechen nachdenkt, wie es einem selber in dieser Situation gehen würde und dann für manche Dinge sensibler wird, wäre schon viel geholfen. Oder wenn man die Situation nicht versteht, einfach mal nichts sagt, einfach mal die Klappe hält, ist das auch vollkommen in Ordnung. Denn ob gerade diese Meinung zu einem Thema relevant ist, steht auf einem anderen Blatt.

3 Gedanken zu “Vom schwarzen Hund und von Mitmenschen

  1. Sehr wahre Worte! Super ist auch, wenn die Triggerpunkte mit einem klar definierten Thema zusammenhängen, dementsprechend leicht vermeidbar wären, und Leute sich trotzdem standhaft weigern, Rücksicht zu nehmen. Bei Dingen, die die Leute vielleicht nicht wissen können, versuche ich immer, halbwegs nachsichtig zu sein, auch wenn mich etwas wirklich runterzieht. Aber bei klaren Sachen finde ich es oft einfach nur kackdreist, wie andere Menschen sowas ignorieren. Zum Glück wird mein metaphorischer schwarzer Hund durch den wunderbarsten aller echten schwarzen Hunde konterkariert, das hilft sehr 🙂 4/08/besitzverhaeltnisse/

  2. Hallo Onkel Michael, ich kann das Geschriebene sehr gut nachvollziehen. Es gibt zum Thema übrigens wunderbare Bücher von Matthew Johnstone. Die kann man solchen Mitmenschen gern mal in die Hand drücken, das Thema Depression wird dort gut und verständlich beschrieben. Alles Gute, Nellie

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