Iris, der Homöopathen-Schreck!

Iris Hundertmark ist Apothekerin und betreibt eine Apotheke in Weilheim. Das ist ja nun noch nichts Besonderes, da gibt es auch noch andere. Besonders an Frau Hundertmark ist, dass sie im Gegensatz zu vielen den sprichwörtlichen Arsch in der Hose hat und sämtliche homöopathischen Mittelchen aus ihrer Apotheke verbannt hat.

Das ist eine äußerst mutige Entscheidung, die viel Rückgrat erforderte und mir den allergrößten Respekt abnötigt. Chapeau, Frau Hundertmark!

Und noch mehr Respekt nötigt es mir ab, wie Frau Hundertmark das erträgt, was passierte, nachdem dieser Schritt öffentlich wurde. G.F. Unger hätte das in seinen Westernschmökern wohl so beschrieben: Die Hyänen witterten leichte Beute – aber sie hatten sich getäuscht.

Denn bereits kurz nach dem Erscheinen der ersten Artikel berichtete Frau Hundertmark von Anwürfen und bitterbösen Briefen einiger ihrer Apotheker-Kolleginnen und Kollegen, von homöopathisch tätigen Ärzten, Heilpraktikern oder Globuli-Jüngern. Wenn man sich diese Vorgänge, gerade bei Twitter, anschaut, so könnte man schon den Eindruck einer koordinierten Aktion bekommen, aber das ist ja nur ein subjektives Gefühl.

Interessant waren auch zwei Artikel im Münchner Merkur, in dem Homöopathen und andere Apotheker aus der Region von Frau Hundertmark zu Wort kamen. Während der Lektüre dieser „Leserbriefe“ kam mir der alte Boëtius in den Sinn: Si tacuisses, philosophus mansisses.

Schauen wir uns meine Lieblingsstellen hieraus an. Im Artikel „Apothekerin schmeißt Homöopathie aus Sortiment: Jetzt reagieren ihre Kollegen – und die Homöopathen“ des Münchner Merkur wird beispielsweise ein Dr. Werner Burgmayer Arzt für Allgemeinmedizin und Homöopathie aus Peißenberg so zitiert: Ehrlichkeit ist ein hohes Gut, das unser aller Respekt verdient. Aber um ganz ehrlich zu sein, müssten Frau Apothekerin Hundertmark und ihre Helferinnen nicht zugeben, dass sie weder eine Ausbildung noch Erfahrung in der homöopathischen Heilkunde haben? Mahatma Gandhi sagte über die Homöopathie sie sei „… die modernste und durchdachteste Methode, um Kranke ökonomisch und gewaltfrei zu behandeln … in der es keine Begrenzung gibt, um das menschliche Leben zu retten“.

Ehrlich, Herr Dr. Burgmayer? Sie sprechen einer approbierten Apothekerin mit langjährigem Studium die Sachkenntnis zur Homöopathie ab und im gleichen Atemzug zitieren sie einen RECHTSANWALT? Hallo? Geht’s noch? Gandhi hatte keinerlei medizinische Qualifikation, was soll dieses Argumentum ad verecundiam? Naja, vielleicht lässt Herr Dr. Burgmayer ja auch sein Auto im Schadensfall von einer Fleischereifachverkäuferin reparieren. Man weiß es nicht…

Und im Artikel „Kein Homöopathie-Bann“ aus der gleichen Zeitung darf sich beispielsweise ein Apotheker Josef Blickenberger aus Bad Tölz derart auslassen: Blickenberger beruft sich auf einen Satz, den Homöopathie-Anhänger nicht nur in der aktuellen Diskussion um die Wirksamkeit von Globuli und Co. oft verwenden: „Wer heilt, hat recht.“ Er sagt: „Die Schulmedizin gibt es erst 50 bis 100 Jahre. Homöopathie dagegen verzeichnet seit Jahrhunderten Erfolge.“ Damit meint er die Erfahrungswerte. Natürlich seien nur „banale Beschwerden“ wie Schnupfen homöopathisch heilbar, niemals schwere Erkrankungen wie Krebs. Der Pharmazeut betont: „Es ist wichtig, eine sehr deutliche Grenze zu ziehen.“ Die verdünnten Mittel helfen laut Blickenberger oft unterstützend, bei einigen Beschwerden wie beispielsweise Mücken- oder Bienenstichen auch gänzlich.

Ehrlich, Herr Blickenberger? Die „Schulmedizin“ gibt es erst 50 bis 100 Jahre? Mit solchen Aussagen disqualifizieren Sie sich doch selbst. Vielleicht sollten Sie mal Namen wie Rudolf Virchow, Oliver Wendell Holmes, Robert Koch oder Edward Jenner nachschlagen.

Warum Herrn Blickenberger das Thema Homöopathie so wichtig ist, erfahren wir übrigens auch in dem Artikel: Mittlerweile gibt es in beiden Läden eigene Homöopathie-Räume, in denen individuelle Beratungsgespräche durchgeführt werden.

Und da sind wir schon beim Punkt, warum viele Apotheker so empfindlich auf die Aktion von Frau Hundertmark reagieren: Homöopathie (und das restliche komplementärmedizinische Brimborium) ist ein enormer Wirtschaftsfaktor. Wie DetektorFM in einem Beitrag ausführt, vor allem für Apotheken im ländlichen Raum. Urs Hoffmann vom Regionalverband Süd des Deutschen Konsumentenbundes führt in diesem Beitrag aus: Wir sehen die Politik in der Pflicht. Es kann nicht sein, dass eine Apotheke wirtschaftlich darauf angewiesen ist, ihre Kunden zu beschummeln und ihnen wirkungsloses Schlangenöl zu verkaufen, nur damit in der Fläche die Versorgung nicht zusammenbricht.

Von daher ist der mutige Schritt von Frau Hundertmark nur noch mehr zu würdigen, trägt sie doch auch ein nicht unerhebliches wirtschaftliches Risiko für sich und ihre Mitarbeiterinnen. Von daher verneige ich mich gleich ein Stück tiefer, so weit es die knirschende Bandscheibe zulässt.

Liebe Iris Hundertmark, bitte lassen Sie sich von der kläffenden Meute nicht abschrecken, es stehen zahlreiche Menschen hinter Ihnen und Ihrer Entscheidung und stärken Ihnen den Rücken!