Die Auferstehung, die Kirche und die Organspende

In der aktuellen Diskussion um die Organspende fielen mir immer wieder Wortmeldungen auf, die eine Organspende aus religiösen Gründen ablehnten. Grund genug, sich einmal anzusehen, wie die Kirche diese Thematik sieht.

Woher kommt so eine religiös motivierte Ablehnung nun?
Wie wir ja wissen geht das Christentum von einer Auferstehung der Toten am Tag des Jüngsten Gerichtes aus. Nun gibt es in der Bibel einige Textstellen, die so ausgelegt werden können, dass die Toten wiederauferstehen und die Seele mit dem vergangenen Körper wiedervereinigt wird, woraus die Kirche eben ein Unversehrtheitsgebot des Körpers ableitete.

Daraus resultierte, dass selbst Amputationen von der Kirche nur dann „erlaubt“ wurden, wenn sie für das Überleben notwendig waren oder das Verbot der Feuerbestattung. Noch in der Enzyklika Casti connubii vom 31. Dezember 1930 wird dieser Unversehrtheitsanspruch bekräftigt.

Gerade in der Zeit des Mittelalters und der frühen Neuzeit waren die Menschen von diesem Gedanken besessen. So kennen wir aus dieser Zeit zahlreiche Darstellungen von Toten, die nach der Auferweckung bspw. in Ossarien ihre Knochen zusammensuchen oder auf dem Friedhof ihre Knochen zusammenklauben. Diese Vorstellungen haben sich anscheinend im Volksglauben so tief eingeprägt, das man sie heute noch findet.

Erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (11. Oktober 1962 bis 8. Dezember 1965) änderte sich diese Sichtweise und die Kirche wandte sich hin zu der Vorstellung des „Auferstehungsleibes“, wie er in 1. Korinther 15, 35-49 beschrieben wird. Hier wird die unsterbliche Seele mit eben jenem Auferstehungsleib vereinigt, der sich zwar äußerlich an dem weltlichen Leib orientiert, aber frei ist von Zipperlein und Vergänglichkeit. Quasi ein kostenfreies Upgrade auf den Körper 2.0

Wie sieht es jetzt aber mit der Organspende aus? Was sagt die Kirche hierzu?
Am 2. Juli 1990 verabschiedeten die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland eine gemeinsame Erklärung zur Organtransplantation. Nachdem sich Theologen ja selten kurz fassen können hat das ganze Teil 17 Seiten. Aber die Qunitessenz daraus ist: Beide christliche Kirchen begrüßen die Organspende!

Sie sehen in der Organspende das größte Zeichen der Nächstenliebe und fordern tatsächlich auf, mehr zu spenden bzw. sich in größerem Umfang als Organspender registrieren zu lassen. Schön wäre es allerdings, wenn die Kirchen dies gerade in der aktuellen Debatte vielleicht ein bisschen bekannter machen würden.

Allerdings gibt es zwei „Einschränkungen“. Einmal unterstützen die Kirchen die Zustimmungslösung, denn ihrer Sichtweise nach ist die Spende nur dann legitim, wenn sie freiwillig geschieht, also wenn der Spender zu Lebzeiten sich willentlich dafür entschieden hat. Die evangelische Kirche sagt dann noch, dass ihrer Sicht nach auch die Angehörigen keine Entscheidung treffen dürfen.

So ist die Organspende auch in den Katechismus der katholischen Kirche eingegangen. Unter der Nummer 2296 heißt es dort: Die Organverpflanzung entspricht dem sittlichen Gesetz, wenn die physischen und psychischen Gefahren und Risiken, die der Spender eingeht, dem Nutzen, der beim Empfänger zu erwarten ist, entsprechen. Die Organspende nach dem Tod ist eine edle und verdienstvolle Tat, sie soll als Ausdruck großherziger Solidarität gefördert werden. Sie ist sittlich unannehmbar, wenn der Spender oder die für ihn Verantwortlichen nicht ihre ausdrückliche Zustimmung gegeben haben. Zudem ist es sittlich unzulässig, die Invalidität oder den Tod eines Menschen direkt herbeizuführen, selbst wenn dadurch der Tod anderer Menschen hinausgezögert würde.

Mein Aufruf an die Kirchen bleibt aber, dies bekannter zu machen. Nach der Entscheidung des Bundestages zur von den Kirchen unterstützten Zustimmungslösung müsste eigentlich am kommenden Sonntag jeder Pfarrer auf jeder Kanzel anstatt einer Predigt diese gemeinsame Erklärung verlesen, damit auch der letzte seiner Schäfchen endlich den Arsch hoch bekommt und sich einen Organspendeausweis holt.

3 Gedanken zu “Die Auferstehung, die Kirche und die Organspende

  1. Ganz einfache Lösung des Spendermangels wäre, daß jemand nur dann Empfänger werden kann, wenn er lange vorher seine Bereitschaft zur Spende deklariert hat.

    1. Damit stehst du am Ende vor demselben Problem wie mit der Widerspruchslösung. Deren größte Schwäche war ja in meiner Wahrnehmung, dass Menschen, die aufgrund ihrer körperlichen oder geistigen Verfassung nicht in der Lage sind einer Spende zu widersprechen, gar nicht berücksichtigt würden.

      Wenn du nun nur denjenigen eine Spende gewähren würdest, die auch selbst spenden würden, schließt du obige Menschen grundsätzlich vom Erhalt einer Organspende aus.
      Überhaupt würdest du, wenn du den Empfang eines Organs an irgendwelche Bedingungen knüpfen würdest, einer Debatte Tür und Tor öffnen, die kein Ende finden würde und in der sich alle Protagonisten in ihrer selektiven Menschenfeindlichkeit nur so überbieten würden. Das wäre dann nur noch widerlich.

      Ich selbst bin seit fast 25 Jahren Organspender und seit etwa 10 Jahren auch registrierter Knochenmarkspender. Außer meinem Blut hab ich aber bislang noch nichts hergeben brauchen. Sollte es aber dazu kommen, dass ich eines Tages meine Organe mal hergeben könnte, möchte ich, dass ausschließlich medizinische Kriterien zur Verteilung herangezogen werden.

      Wenn damit am Ende irgend einem egoistischen Armleuchter das Leben gerettet würde, dann wäre das halt so.

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