Die deutsche Freiheit wird nicht am Biertisch verteidigt!

Normalerweise gehöre ich nicht zu denjenigen, die das große „Früher war alles besser“-Lamento anstimmen. Da gehe ich eher mit meiner Omma, die einmal so schön sagte „Früher war oooch allet Scheiße, nur der Jeruch war ein anderer!“ Aber im Moment sehne ich mich in die Zeiten zurück, als die Medien – besonders der Boulevard – das Sommerloch mit Sichtungen des Ungeheuers von Loch Ness, irgendwelchen schwarzen Panthern in der Eifel oder ähnlich harmlosen Unsinn füllten. Heutzutage wird eine Kleinigkeit bewusst von den Medien aufgeheizt und aufgeblasen und wenn sogar eine früher so renommierte Zeitung wie die Zeit sich nicht zu schade ist, bei diesem Possenspiel mitzumischen, dann hat der Vorgang eine Qualität erreicht, der für mich ernsthaft bedenklich ist.

Ich spreche natürlich von den ganzen Vorgängen um dieses unsägliche Sauf- und Gröllied „Layla“. Was war passiert? Die Stadt Würzburg verfügte, dass vorgenanntes Liedchen auf der von ihr veranstalteten „Kilianikichweih“ nicht gespielt werden soll und dass dies auch sichergestellt wird. Ein – eigentlich – ganz normaler Vorgang, denn hier gilt das alte Prinzip „Wer die Musik bestellt, der sagt was gespielt wird!“ ganz wortwörtlich. Wenn ich bei einem Grillabend der BVB-Ultras die Club-Hymne des FC Bayern „Stern des Südens“ spiele, darf ich mich halt auch nicht wundern, wenn ich danach in den Stuhlkreis zum Gruppengespräch gebeten werde.

Nun, Dank den Experten für übelriechende heiße Luft des Boulevardjournalismus, wurde dieser immer noch ganz normale Vorgang plötzlich zu einem „Verbot“ aufgeblasen und durch zahlreiche Artikel und „Volksbefragungen“ noch richtig schön angeheizt. Man könnte auch sagen, dass erstmal das Feuer gelegt wurde, nur um Öl reinzukippen. Und so vergeht kein Tag, wo nicht irgendein neuer Artikel zu lesen ist, der mit grölenden Suffköppen bebildert ist, und die das gar nicht gut finden.

Äußerst skurril fand ich dann auch, dass sich der Bundesjustizminister hierzu zu Wort gemeldet hat. Gut, der ist jetzt von der FDP, da erwarte ich eh nicht viel, aber ein bisschen Gespür, was wichtig ist und was nur populistischer Unsinn, hätte ich schon erwartet. Aber gut, die FDP von Kubicki/Lindner ist ja auch so ein tragisches Kapitel.

Was mir aber viel zu weit geht ist eindeutig die Richtung, in die die Debatte jetzt läuft. Dass sich jemand wie „Ikke Hüftgold“, dessen großer Durchbruch das Lied „Dicke Titten Kartoffelsalat“ war, in einer bisher so renommierten Zeitung wie der Zeit hinstellen und sich als Opfer von Zensur und Unterdrückung stilisieren darf, geht einfach zu weit. Und wie er sich hinstellt und vom Grundgesetz und Scheiterhaufen faselt. Ich könnte kotzen. Was hat die Verantwortlichen bei der Zeit da nur geritten, so etwas zu veröffentlichen?

Verdammt nochmal, durch die Vorgabe der Stadt Würzburg, dieses redundante kleine Liedchen auf ihrer eigenen Veranstaltung nicht zu spielen ist weder die Kunstfreiheit noch das Recht auf freie Meinungsäußerung noch sonst irgendein Grundrecht eingeschränkt.

Worum geht es denn? Es geht jetzt hier nicht um umstrittene Kunst. Es geht um ein Lied, das ungefähr die gleiche künstlerische Schaffenshöhe hat wie die Seitennummerierung im Husumer Kreisboten. Und vor allem, wenn dieses Lied nicht gespielt wird, ist es eben ein anderes aus dem Arsenal der Party-Horror-Sänger. Und dann kann auch jeder noch so besoffene Bankhopser mit 3 ATÜ im Schacht und dem Pansen voll Alkohol und Grillwurst noch mitgrölen. Wenn natürlich auch der Layla/Gaila-Reim diesem Publikum sicherlich am ehesten entgegenkommt, denn noch niedriger kann man das Level ja wirklich nicht mehr legen.

Das ist wie mit der Geschichte von dem Jungen, der dauernd „Der Wolf kommt!“ schreit. Irgendwann glaubt ihm niemand mehr und wenn der Wolf tatsächlich kommt, dann wird der Junge gefressen, ohne dass ihn jemand hilft. Und hier ist es genauso. Durch die Vorgabe der Stadt Würzburg wurde kein Grundrecht eingeschränkt, aber trotzdem wird hier ein riesiges Fass aufgemacht und irgendein Bedrohungsszenario herbei fabuliert, das es nie gegeben hat. Wird dann später doch einmal die Kunstfreiheit oder die Freiheit der freien Rede eingeschränkt, interessiert das niemand mehr, weil man es nur wieder für eine solche typische Clickbait-Diskussion hält.

Beitragsbild: Von Zavijava2 – Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=22092173

4 Gedanken zu “Die deutsche Freiheit wird nicht am Biertisch verteidigt!

  1. Ich denke nur an die berühm-berüchtigten fränkischen Kerwalieder, dagegen ist der Text von Layla sogar für den Kirchentag geeignet.
    Kostprobe gefällig?
    “ [Text entfernt] .“
    Und dass war noch eine harmlose Variante.

    1. Ja, natürlich gibt es immer etwas „noch schlimmeres“, aber darum geht es hier doch gar nicht. Es geht einfach darum, dass die Stadt Würzburg als Veranstalter jedes Recht hat, in die Auswahl der gespielten Musik einzugreifen. Aus welchen Gründen der Veranstalter dies tut, liegt vollkommen in seinem eigenen Ermessen.

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