Die Sache mit den Freimaurern

In der letzten Zeit habe ich mich ja ziemlich viel mit antisemitischen Verschwörungstheorien beschäftigt. Dabei ist mir aufgefallen, dass immer, wenn es um irgendwelche Weltverschwörungen geht, neben den Juden auch die Freimaurer, Illuminaten und Jesuiten im Fadenkreuz der Verschwörungstheoretiker sind. Deswegen wollen wir uns doch einmal anschauen, was mit den Herrschaften so los ist, dass sie so gescholten werden.

Fangen wir mit den Freimaurern an.

Ich kenne die Freimaurerei nur als Vereinigung honoriger Männer (mittlerweile auch teilweise Frauen), die sich durch dauernde Arbeit an sich selbst weiterentwickeln wollen, um zu Selbsterkenntnis und zu einem humanitären Weltbild zu gelangen. In der Öffentlichkeit treten sie meist durch soziale und karitative Projekte in Erscheinung. Die Grundlagen ihrer Arbeit sind Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität.

Die Freimaurerei geht in ihren Bräuchen, Ritualen und Symbolen auf die Steinmetzbruderschaften mit ihren Bauhütten zurück. Die ersten organisierten Logen finden sich Anfang des 18. Jahrhundert in England und nur wenig später auch in Deutschland.

Jedenfalls besteht ein Teil ihrer Tätigkeit aus der sogenannten „Tempelarbeit“. Hierbei handelt es sich um Rituale und Zeremonie, die in den Logen abgehalten werden. Über ihre Tätigkeit im Tempel wird striktes stillschweigen bewahrt, auch wird genau geprüft, wer aufgenommen wird. Um den Fortschritt ihrer persönlichen Entwicklung, die „Arbeit am rauen Stein“ genannt wird, zu dokumentieren, verfügt die Freimaurerei über ein graduelles System, das innerhalb der verschiedenen Richtungen voneinander abweichen kann.

An dieser Stelle kann ich natürlich nicht so intensiv auf Geschichte und Gebräuche der Freimaurerei eingehen. Als Einführung sei das Buch „Freimaurerei für Dummies“ von Christopher Hodapp empfohlen, das für 14 €uro im Buchhandel erhältlich ist oder von Helmut Reinalter „Die Freimaurer“ aus der Beck’schen Reihe für 12 €uro im Buchhandel. Auch ein Besuch im Freimaurermuseum Bayreuth ist sehr zu empfehlen.

Schon bald, nachdem die ersten Freimaurerlogen entstanden, gerieten sie auch schon ins Fadenkreuz von Verdächtigungen und übler Nachrede. Insbesondere die Kirchen – und hier speziell die katholische – sahen die Freimaurerei als Bedrohung an. So verwundert es nicht, dass es zwischen 1738 und 1983 ganze zwanzig Enykliken und Apostolische Schreiben zur Verdammung der Freimaurerei gab. Dies kommt daher, dass die Freimaurerei oft als säkulares und relativistisches System betrachtet, das auf einer Philosophie basiert, die die absolute Wahrheit und die Autorität religiöser Lehren in Frage stellt. Da die katholische Kirche die absolute Wahrheit des christlichen Glaubens lehrt und die Autorität des Papstes und der Kirche betont, sieht sie den Relativismus und den Säkularismus der Freimaurerei als potenziell schädlich für den Glauben und die moralische Ordnung an. Noch heute ist die Mitgliedschaft Katholiken verboten und hat die Exkommunikation zur Folge.

In Deutschland sind diese Verdächtigungen bis ins Jahr 1786 zu verfolgen, als der sachsen-weimarische Rat Ernst August von Göchhausen in seinem Buch „Enthüllungen des Systems der Weltbürger-Politik“ vor einer Reihe weltweiter Revolutionen warnte, die von den Freimaurern, Illuminaten und Jesuiten inszeniert würde. Als dann die Französische Revolution ausbrach und sich mit Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit gleich drei Schlagworte der Freimaurerei auf die Fahnen schrieb, sahen viele dies natürlich bestätigt.

Da die Freimaurerei Mitglieder unabhängig ihrer religiösen oder kulturellen Zugehörigkeit anerkennt, wurde sie auch als Bedrohung für etablierte religiöse oder kulturelle Institutionen gesehen, was zur Folge hatte, dass den Freimaurern unterstellt wurde, sie wollten zusammen mit anderen Gruppen einen großen Plan verwirklichen, durch den Religionen, Weltanschauungen und traditionelle Werte zerstört und entweder durch eine „Kirche der reinen Vernunft“ oder Satanismus ersetzt werden sollten.

Ein weiterer Punkt, warum die Freimaurer oft Gegenstand von Verschwörungstheorien werden, ist ihre Symbolik und ihre Rituale, da diese oft missverstanden und/oder fehlinterpretiert werden. Symbole wie der Winkel und der Zirkel, der freimaurerische Kompass und das Allsehende Auge werden von Verschwörungstheoretikern als Beweise für dunkle Absichten und Verbindungen interpretiert.

Auch wird aufgrund der Bruderschaft und der Solidarität unter den Mitgliedern der Freimaurerei oft spekuliert, dass sie einflussreiche Netzwerke bilden, die die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beeinflussen. Diese Annahme hat dazu geführt, dass Freimaurer in vielen Verschwörungstheorien als diejenigen dargestellt werden, die im Verborgenen die Fäden ziehen.

Die freimaurerischen Rituale und Bräuche werden oft als geheimnisvoll und undurchsichtig wahrgenommen, da sie nur Mitgliedern zugänglich sind und Außenstehenden nicht offenbart werden. Diese Geheimhaltung hat zur Vorstellung beigetragen, dass die Freimaurerei etwas zu verbergen hat oder in dunkle Machenschaften verwickelt ist.

Personen des öffentlichen Lebens, Führungskräfte in Politik und Wirtschaft, aber auch Künstler waren oftmals Freimaurer. Dadurch erklärt sich der Verdacht, die Freimaurerei sei ein Hort der Klüngelei und Korruption, der viel eher der Karriere ihrer Mitglieder diene als dem Allgemeinwohl der Menschheit. Freimaurer gerieten in Verdacht, die treibende Kraft hinter der Zerstörung der Sozialordnung zu sein.

Anhänger von Verschwörungstheorien werfen der Freimaurerei vor, in einer unlauteren Weise die Gesellschaft zu manipulieren, wobei die in den niederen Graden praktizierte humanitäre Arbeit nur als Tarnung der Tätigkeit der Hochgrade diene. So sei die Hochgradfreimaurerei ein Instrument zur Unterwanderung der Völker mit dem Ziel, eine menschenverachtende Diktatur in einem Weltstaat mit einer einheitlichen Weltreligion zu errichten. Dabei wird immer wieder auf die Verquickung von Hochfinanz –vor allem von den Dynastien der Rothschilds und Rockefellers – und Hochgradfreimaurerei hingewiesen.

Tja, und dann gab es da noch den Taxil-Schwindel…

Der Taxil-Schwindel bezieht sich auf eine berüchtigte Episode in der Geschichte der Freimaurerei und der katholischen Kirche im späten 19. Jahrhundert. Gabriel Antoine Jogand-Pagès, besser bekannt unter seinem Pseudonym Léo Taxil, war ein französischer Schriftsteller und Journalist, der für seine anti-maurerischen Ansichten bekannt war.

Taxil behauptete, dass die Freimaurerei eine satanische Organisation sei, die gegen die katholische Kirche und die christliche Moral arbeite. Er behauptete, dass die Freimaurer Geheimnisse bewahrten, die den Gründungen des Christentums und der Zivilisation im Allgemeinen feindlich gesinnt seien.

Um seine Ansichten zu verbreiten und die Freimaurerei zu diskreditieren, veröffentlichte Taxil eine Reihe von Büchern und Artikeln, in denen er angebliche Enthüllungen über die dunklen und satanischen Praktiken der Freimaurerei machte. Er behauptete sogar, dass die Freimaurer in geheime satanische Rituale involviert seien.

Der Höhepunkt des Taxil-Schwindels war eine Pressekonferenz im Jahr 1897, auf der Taxil behauptete, dass er sich bekehrt habe und dass seine früheren Behauptungen über die Freimaurerei falsch seien. Er behauptete nun, dass die Freimaurerei ein Werkzeug des Guten sei und dass er von der katholischen Kirche dafür bezahlt worden sei, die Freimaurerei zu diffamieren.

Diese „Bekehrung“ und die darauffolgenden Enthüllungen wurden von vielen Katholiken gefeiert und von der katholischen Kirche als Bestätigung ihrer Anti-Maurer-Kampagne angesehen. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass der gesamte „Bekehrungsprozess“ und die angeblichen Enthüllungen von Taxil nur ein weiterer Teil seines Schwindels waren. Dies führte zu großer Peinlichkeit für die katholische Kirche und zu einem enormen Vertrauensverlust bei vielen Gläubigen.

Der Taxil-Schwindel ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie Propaganda und Desinformation zu politischen und religiösen Zwecken eingesetzt werden können. Es unterstreicht auch die Spannungen und Kontroversen, die historisch zwischen der katholischen Kirche und der Freimaurerei bestanden haben.

Allerdings hat er auch die Vorurteile gegen die Freimaurerei manifestiert, denn die Auflösung des Schwindels hat naturgemäß viel weniger Aufmerksamkeit bekommen, als die reißerischen Anschuldigungen vorher.

Besonders autoritäre Systeme lehnen die Freimaurerei durch ihre internationalen Verbindungen und die humanistische Ausrichtung ab. So war die Freimaurerei im Nationalsozialismus verboten. Besonders Alfred Rosenberg, der Autor des „Mythus des 20. Jahrhunderts“ hetzte dagegen. Auch in der DDR, der Sowjetunion und den anderen Staaten des Ostblocks war die Freimaurerei verboten. Heute ist dies in weiten Teilen anders. Weiterhin war und ist die Freimaurerei in fast allen islamischen Staaten verboten. Im Iran steht sogar die Todesstrafe auf freimaurerische Betätigung. Auch die terroristischen Schlächter der Hamas wollen die Freimaurerei ausrotten.

Wenn man sieht, welche aufklärerischen Werte die Freimaurer vertreten, überrascht es natürlich nicht, wenn intellektuelle Neandertaler damit ein Problem haben. Jedenfalls entstanden die im Umlauf befindlichen Verschwörungstheorien aus blankem Unverständniss, Hass und Angst, die eigene Stellung zu verlieren.

Ich für meinen Teil bin froh um jede aufklärerische Stimme, die sich Humanität, Vernunft und Freiheit auf die Fahnen schreibt.

Beitragsbild: By Ph.viny – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=51522548

3 Gedanken zu “Die Sache mit den Freimaurern

  1. Bitte nüscht gegen die Neandertaler;-)

    Die waren auf ihre Art klüger und cleverer wie so mancher der heutigen Zeitgenossen und hatten nur das Pech, mangels Nachkommen und weiterer widriger Umstände auszusterben. Dafür waren sie wenigstens nicht selbst dran schuld wie Homo Sapiens als damaliger Sieger im evolutionären Wettlauf.

  2. Ich finde es sehr begrüßenswert, dass die Freimaurer der Öffentlichkeit gegenüber freier und offener geworden sind.

    So Symbol- und Geheimnishuberei lädt doch zu Verschwörungserzählungen geradezu ein und man darf auch nicht vergessen, dass solche Bünde ja auch tatsächlich für Seilschaften usw. missbraucht werden (ich erinnere da an die Loge P2).

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