Von Handwerksmeistern und Heilpraktikern

Die Politik ist ja ein weites Feld, auf dem zahlreiche Fallstricke, Kontroversen und Fettnäpfchen lauern. Ich für meinen Teil bin dazu übergegangen, Meldungen aus der Politik in drei Kategorien einzuteilen. Kategorie 1: Aha… Kategorie 2: SoSo… Kategorie 3: IHR HABT WOHL EIN RAD AB!

Und in diese Kategorie 3 fiel kürzlich auch die Nachricht, dass die Meisterpflicht für

  • Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
  • Betonstein- und Terrazzohersteller
  • Estrichleger
  • Behälter- und Apparatebauer
  • Parkettleger
  • Rollladen- und Sonnenschutztechniker
  • Drechsler und Holzspielzeugmacher
  • Böttcher
  • Glasveredler
  • Schilder- und Lichtreklamehersteller
  • Raumausstatter und
  • Orgel- und Harmoniumbauer

wieder eingeführt wurde. Ehrlich gesagt, bei einem Teil dieser Berufe wusste ich noch nicht einmal, dass es sie gibt, geschweige denn, dass man darin seinen Meister machen kann. Gut, ich will auch nichts dagegen gesagt haben, das sind alles ehrenwerte Handwerksberufe.

Was mich allerdings auf die Palme bringt, ist, dass unsere Bundesregierung es zwar schafft, sich mit der Meisterpflicht für Harmoniumbauer zu beschäftigen, es aber nicht auf die Kette bekommt, sich endlich einmal mit dem „Beruf“ des Heilpraktikers auseinanderzusetzen.

Noch immer gibt es keine geregelte Ausbildungsordnung. Noch immer gibt es nur eine Gefahrenabwehrprüfung statt eines Berufsabschlusses.

Man muss sich das mal vorstellen: Um einen Betrieb als Böttcher (der baut Fässer zusammen) zu eröffnen, muss ich eine Lehre machen, einige Zeit lang in dem Beruf arbeiten und dann noch eine Meisterausbildung absolvieren. Wenn ich Heilpraktiker werden will, brauche ich keine fundierte Ausbildung. Es reicht, wenn ich mich durch die angesprochene Gefahrenabwehrprüfung lavieren kann, deren Wissensniveau allerhöchstens auf dem eines Leistungskurses Biologie liegt. Selbst mit der Sanitätsausbildung A des Bayerischen Roten Kreuzes ist man besser ausgebildet als so mancher Heilpraktiker. Anscheinend ist dem Staat die akkurate Fuge in deutschen Bädern wichtiger als die adäquate medizinische Versorgung seiner Bürgerinnen und Bürger.

Und ja, jetzt kommt sicherlich irgendein Heilpraktiker um die Ecke und löhrt meine Kommentarspalte mit „Aber die Prüfungen sind soooooo schwierig, das sieht man an den hohen Durchfallzahlen.“ zu

Dazu sage ich: Wenn Du Durchfall hast, nimm Immodium! Und wenn die Durchfallzahlen so hoch sind, dann liegt das wohl daran, dass die Prüfungsvorbereitungen mangelhaft waren. Oder vielleicht waren auch die kognitiven Fähigkeiten nicht so, wie man von sich selbst gedacht hätte. Ich weiß es nicht. Aber an einem der beiden wird es wohl liegen.

Ich weiß, das sind harte Worte, aber diese Damen und Herren spielen an der Gesundheit ihrer Mitmenschen herum. Und leider ist es eben so, dass diese Szene einen Hang zu obskuren Therapiemodellen hegt, wie die Homöopathie, Schüßler-Salze, Bach-Blüten oder anderem Mumpitz.

Unter diesen Gesichtspunkten ist es für mich als recht und billig denkenden Menschen nicht nachvollziehbar, dass hier noch immer nichts unternommen wurde!

2 Gedanken zu “Von Handwerksmeistern und Heilpraktikern

  1. Ein so kleines wie feines Detail ergibt sich aus dieser Causa aber schon:
    Wenn die Einführung der Meisterpflicht für Harmoniumbauer keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet mit Blick auf die Berufsausübungsfreiheit, dann kann es auch nicht anders sein, wenn die Ausübung der Heilkunde an ein Vollstudium der Humanmedizin gebunden wird…

    Womit der Gesetzgeber selbst demonstriert, dass die immer wieder vorgetragenen „verfassungsrechtlichen Bedenken“ gegen eine Regulierung oder faktische Abschaffung des Heilpraktikerstandes (durch die Einführung des Ärztevorbehaltes) obsolet sind. Es gibt sogar noch mehr Beispiele – zum Beispiel das Verbot der Rechtsberatung durch alle, die nicht das zweite juristische Staatsexamen abgelegt haben, sogar für Fach- oder Diplomjuristen. Zum „Schutze der Vermögensinteressen der Bevölkerung“, wie es in der Gesetzesbegründung heißt. Und was ist mit den Interessen für Gesundheit, Leib und Leben, lieber Gesetzgeber?

    Und komme mir keiner mit der Freigabeentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (nicht des Bundesverfassungsgerichts!) aus den 1950er Jahren. Das war die Zeit, als die Verfassungsrechtsprechung noch in den Kinderschuhen steckte und außerdem ein „Verbot“ der HP damals auch wohl an der Marginalität des Problems gescheitert wäre. Was heute ersichtlich längst nicht mehr der Fall ist.

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