Warum ich Kritik an der Homöopathie wichtig finde – Heute: Prof. Edzard Ernst

Prof. Dr. Edzard Ernst ist einer der prominentesten Homöopathiekritiker. Über sein Verhältnis zu Prince Charles habe ich ja bereits hier schon einmal geschrieben.
Seine Bücher sind Standardwerke der Homöopathiekritik:
Gesund ohne Pillen – was kann die Alternativmedizin (mit Simon Singh)
Nazis, Nadeln und Intrigen: Erinnerungen eines Skeptikers
Homöopathie – die Fakten [unverdünnt]
SchmU: Schein-medizinischer Unfug
Umso erfreuter und dankbarer bin ich, dass eine so vielbeschäftigte Koryphäe die Zeit gefunden hat, einen Beitrag für meine Serie „Warum ich Kritik an der Homöopathie wichtig finde“ geschrieben hat.
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Zunächst einige Worte zu meiner Person. Als Kind wurde ich von einem Homöopathen ärztlich betreut, und als junger Arzt war meine erste Stelle in einem homöopathischen Krankenhaus. Danach wurde ich ein konventioneller Arzt und Wissenschaftler, während die Homöopathie mein Steckenpferd blieb. Im Jahr 1993 folgte ich einem Ruf nach Exeter, UK, wo ich einen Lehrstuhl zur Erforschung der Komplementärmedizin aufbaute. Mit einem Team von etwa 20 Forschern habe ich dort diverse alternative Heilmethoden unter die Lupe genommen.

Ich bin einer der wenigen – soweit ich sehen kann, sogar der einzige – Kritiker der Homöopathie, der diese Therapieform selbst nicht nur praktiziert, sondern auch intensiv beforscht hat. Derzeit sind in ‚Medline‘ über 100 Publikationen zur Homöopathie unter meinem Namen gelistet. Hinzu kommen zahllose Artikel zur Homöopathie, die ich auf meinem Blog publiziere.

Diese Sonderstellung scheint Homöopathen chronisch zu irritieren. Sie haben daher alles versucht, mich zu diskreditieren. Das ging so weit, dass ich (dank einer Intervention des Homöopathie-Fans Prinz Charles) vorzeitig in den Ruhestand gehen musste. Meinen oft sehr bewegten Werdegang habe ich vor einigen Jahren in einem Buch zusammengefasst.

Und warum finde ich die Kritik an der Homöopathie derart wichtig, dass ich selbst im Ruhestand noch emsig daran arbeite? Für mich geht es hier ums Prinzip. Entweder wir nehmen die Grundsätze der evidenzbasierten Medizin ernst, oder wir lassen es. Falls wir sie ernst nehmen, dann geht es nicht an, dass obsolete Vorstellungen von vor 200 Jahren widerspruchslos hingenommen werden und eine Behandlungsform, die ihren klinischen Nutzen in zwei Jahrhunderten nicht belegen konnte, von der Allgemeinheit finanziert wird. Ich finde, dass Homöopathen nicht ohne weiteres ihre Irrlehre verbreiten, den Fortschritt behindern, die Gesundheit von Patienten gefährden und sich an der Leichtgläubigkeit der Bevölkerung bereichern sollten. Das geht mir ganz einfach gegen den Strich.

Wer jedoch meint, dass ich unter einer Art “Homöopathie-Phobie” leide, liegt falsch. Ich habe auf dem Gebiet der Komplementärmedizin mehr publiziert als irgend ein anderer Forscher. Zudem bin ich wohl der einzige unter meinen Forscher-Kollegen, der heute deutlich kritische Worte zu diesem Bereich findet. Daher fühle ich eine gewisse Verantwortung, die mich geradezu zwingt, mein Wissen zum Wohl derjenigen einzusetzen, die es am meisten brauchen – nämlich zum Wohl der Patienten, die ohne Unterlass mit den Lügen der Alternativmedizin bombardiert werden. Ich verstehe daher meine Arbeit heute als ein Art Gegengewicht zu den millionenfach publizierten Falschaussagen nicht nur der Homöopathen, sondern der Quacksalber jeder Couleur.