Unser Charly kann’s nicht lassen!

Im Jahr 2017 stellte der NHS, der „National Health Service“, in Großbritannien fest, dass die Homöopathie „bestenfalls eine Placebo-Therapie ist und einen Missbrauch knapper NHS-Mittel darstellt“. Natürlich gab dies einen Aufschrei in der britischen Homöopathie-Lobby, aber dabei blieb es. Die Homöopathie wurde aus den Leistungskatalogen aller NHS-Einzelverbände gestrichen. Der NHS begründete seine Entscheidung damit, dass die Homöopathie ihre Wirksamkeit in bisher 200 Jahren nicht einwandfrei nachweisen konnte.

Einer der größten Kritiker dieser Entscheidung war damals Charles, Prince of Wales. Obschon Charles weder Forscher noch Techniker oder Arzt ist, maßt er sich an bzw. bildet sich ein, irgendeine Autorität zu besitzen und den Fachkommissionen widersprechen zu können. Schon 2017 erregte dies massiven Unwillen auf Seiten des NHS, der Mediziner und Forscher.

Und vor einigen Tagen nun hat Charles einen erneuten Affront begangen, indem er Schirmherr der „Faculty of Homeopathy“ wurde. Diese „Faculty of Homeopathy“ wurde 1944 als Abteilung der „British Homeopathic Society“ gegründet.

Natürlich ist es Alltag, dass Mitglieder des britischen Königshauses irgendwelche Schirmherrschaften übernehmen. Aber diese Entscheidung von Charles ist hoch politisch, stellt er sich doch damit nicht nur gegen sämtliche seriösen Forscher und Ärzte, sondern auch gegen den NHS, was als politische Entscheidung anzusehen ist.

Eine der wichtigsten Eigenschaften eines britischen Monarchen ist die absolute politische Neutralität. Eine Kunst, die von der aktuell amtierenden Queen Elizabeth II. perfektioniert wurde. Es wird spannend zu sehen, wie ihr Sohn und Erbe des Amtes mit diesem Grundsatz umgeht. Mit den „Black Spider Memos“ hat er sich ja bereits massiv zu Gunsten der Homöopathie in die Tagespolitik eingemischt. Eine derartige Einmischung von einem „King Charles“ würde die britische Monarchie in den Grundfesten erschüttern.

Natürlich kann Charles als Privatmann eine positive Meinung zur Homöopathie haben, aber er darf sein Amt und seinen Einfluss nicht dafür einsetzen, um Lobby-Arbeit für die Homöopathie zu betreiben.

Allerdings muss man ja in aller Deutlichkeit sagen, dass das Verhältnis der „Royal Family“, was die Homöopathie angeht, doch äußerst interessant ist. So nehmen deren Mitglieder zwar oft und gerne Globuli ein, um ihre Wehwehchen zu kurieren, bei schwerwiegenderen Erkrankungen allerdings, darf die gute alte „Schulmedizin“ ran. Schauen wir uns doch mal die ärztlichen Berichte der Behandlungen von Prince Philip oder von Queen Mum an. Da wurde kein homöopathisch praktizierender Arzt mit hinzugezogen, noch nicht einmal zum Bettpfannen wechseln.

Dr. Leyla Sanai, Ärztin am Western Infirmary Hospital in Glasgow und Bloggerin für „The Spectator“ fasst die Übernahme der Schirmherrschaft über die „Faculty of Homeopathy“ durch Charles auf jeden Fall recht treffend zusammen:

What’s more, the Prince’s stance is a sign of arrogance and indifference to the plight of ordinary people. His ‘subjects’ routinely wait two weeks for a GP consultation, then nine months to see a specialist. If they need surgery, there is then another wait of around nine months. If they are taken to A&E in a parlous state, they could wait six hours to see a junior doctor and around 24 to see a consultant, all the while lying in a room stacked like a battery chicken farm, with sick patients, screaming, vomiting, urinating, and pooing. In this context, Charles advocating homeopathy is the 21st century equivalent of Marie Antoinette’s ‘Let them eat cake’.

Es ist so und es bleibt so: eine eventuelle Wirkung der Homöopathie über den Placebo-Effekt lässt sich auch durch einen noch so schönen und beeindruckenden Titel nicht herbei befehlen.  

3 Gedanken zu “Unser Charly kann’s nicht lassen!

  1. Wirkung lässt sich freilich nicht befehlen. Das ist auch der falsche Ansatz.
    In Demokratien kann man hingegen prima über Gesetze abstimmen und sie den veränderten Anforderungen jederzeit anpassen.
    Naturgesetze sind letztlich auch nur Gesetze. Mit ein paar strategisch geschickt eingebrachten Änderungsanträgen könnte man da sicher einiges machen.

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